Und? Wie war‘s für Euch?

Wir haben vier VfL-Vertreter aus dem Jahr 2019 gefragt, wie sie Wolfsburgs Meisterschaft im Jahr 2009 erlebt haben.
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Beim Rückspiel total geärgert

BRUNO LABBADIA erlebte 2008/09 bei Bayer Leverkusen seine erste Saison als Bundesliga-Trainer. In der Hinrunde besiegte er mit seinem Team den VfL mit 2:0, in der Rückrunde gewann Wolfsburg 2:1.

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Wir hatten mit Leverkusen das Hinspiel gegen Wolfsburg gewonnen, aber ich erinnere mich viel mehr an das Rückspiel, in dem ich mich total geärgert habe. Denn ich hatte das Gefühl, dass wir beim Stand von 1:1 kurz vor Schluss die bessere Mannschaft waren. Aber der VfL hatte da schon seinen Lauf, hat einfach alles gewonnen. Die Viererkette und die drei Spieler davor haben geackert, die drei Offensiven haben immer irgendwie noch ein Tor reingezaubert, auch gegen uns: Misimovic auf Grafite, der war wie immer eiskalt – und wir hatten das Spiel mit 1:2 verloren. Dass der VfL tatsächlich Meister werden konnte, haben wir ja alle nach dem 5:1 zwei Wochen davor gegen die Bayern zumindest geahnt. Ich denke jeder, der dieses Spiel gesehen hat, dachte anschließend: „Boah, die können das wirklich packen.“ Das war eine Mannschaft, in der die Mischung aus Jung und Alt stimmte – und die mit Josué einen überragenden Sechser hatte, der für die Meisterschaft ähnlich wichtig war wie ein paar Jahre später N‘Golo Kanté bei der überraschenden Meisterschaft von Leicester City in England. Meine Mannschaft in Leverkusen war ein bisschen unerfahren, aber wir hatten überragende Fußballer. Ich denke: Mit der Trainer-Erfahrung, die ich jetzt zehn Jahre später habe, würde ich gern noch mal diese Bayer-Truppe trainieren.  

Ein bisschen bestätigt gefühlt

MAXIMILIAN ARNOLD spielte in der Saison 2008/09 noch für die Jugend von Dynamo Dresden. Nach der Spielzeit wechselte er als 16-Jähriger in die B-Jugend des VfL Wolfsburg.

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Als der VfL Wolfsburg Meister wurde, hatte ich mich gerade kurz zuvor dazu entschieden, nach Wolfsburg zu wechseln. Ein bisschen bestätigt habe ich mich dann schon gefühlt, und es war schon ganz cool, zum deutschen Meister zu gehen. Aber ich muss sagen: Entscheidend für mich war nicht, dass der VfL vorne stand, sondern dass er ein gutes Nachwuchsleistungszentrum hatte. Ich war ja damals 15, ob ich jemals Profi werde, stand noch in den Sternen. Da war es wichtig, dass die Bedingungen für Nachwuchsspieler stimmten.

Natürlich habe ich dann verfolgt, wie der VfL den Titel holte, ich habe sowieso viel Fußball geguckt. Nicht nur die Sportschau am Samstagabend, sondern auch zusätzlich immer noch am Sonntag „Bundesliga pur“ im DSF. Dieses Wolfsburger Offensivdreieck mit Misimovic, Dzeko und Grafite war überragend, aber ich persönlich fand Gentner auch immer unheimlich stark und war beeindruckt von Schäfers Offensivpower. Auch wenn man die Spiele von damals heute noch mal sieht, merkt man, wie stark die damals waren.

Meine stärkste Erinnerung an die Saison 2008/09 hat aber nichts mit Wolfsburg zu tun: Im Februar habe ich das Dortmunder Heimspiel gegen Hoffenheim im Stadion erlebt – meine Eltern hatten mir die Karten zu Weihnachten geschenkt.

Wiederholung wäre größere Überraschung

JÖRG SCHMADTKE begann die Saison 2008/09 als Sportdirektor von Alemannia Aachen, im Laufe der Spielzeit kam es zur Trennung.

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So aus der Ferne betrachtet, war es ganz interessant: Die Hinserie war okay, der VfL war damals Neunter. Und dann ist in der Winterpause irgendwas passiert. Die Mannschaft ist ab Januar mächtig marschiert, getragen natürlich von der mannschaftlichen Geschlossenheit, aber vor allem von drei Offensivkräften, die übermäßig performt haben – mit Grafite und Edin Dzeko zwei Stürmer, die insgesamt 54 Tore erzielt haben, und Zvjezdan Misimovic dahinter, der die beiden bedient hat. Die Meisterschaft kam nach der Hinserie etwas überraschend, aber am Ende war sie eine logische Konsequenz, weil die Rückrunde sensationell war. Ein Trainer hat natürlich auch immer seinen Anteil an Erfolgen oder Misserfolgen. Man kann nur deutscher Meister werden, wenn die Dinge in und um den Verein herum passen – und dazu zählt auch der Trainer. Sonst funktioniert es nicht. Vor zehn Jahren war so etwas allerdings noch eher möglich, mittlerweile sieht es ja danach aus, dass zwei Mannschaften die Meisterschaft unter sich ausmachen. Aber auch das kann mal wieder aufbrechen, was schön wäre. Dann hätten wir vielleicht wieder einen Drei- oder Vierkampf. Das würde der Bundesliga guttun. Dass dem VfL der Gewinn der Meisterschaft noch mal gelingt, ist eher schwierig, weil die Unterschiede in der Liga schon sehr groß sind. Es wäre eine noch größere Überraschung, aber man sollte nichts ausschließen.    

Ein super Kader und wenig verletzte

PAUL VERHAEGH ist der einzige VfL-Profi aus der Saison 2018/19, der auch schon zehn Jahre davor ein etablierter Erstliga-Fußballer war – allerdings noch in seinem Heimatland.

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Ich habe damals noch in den Niederlanden bei Vitesse Arnheim gespielt und kann mich gar nicht mehr so sehr an die Meisterschaft des VfL Wolfsburg erinnern. Ich habe aber öfter die Sportschau gesehen und habe natürlich noch das legendäre Tor von Grafite gegen den FC Bayern vor Augen. Den deutschen Fußball habe ich damals eher aus der Ferne mitbekommen. Aber der Titelgewinn war mit Sicherheit etwas Außergewöhnliches. Wenn man sich die letzten zehn Jahre anguckt, war es eigentlich immer ein Zweikampf zwischen Bayern und Dortmund – ab und zu kam dann noch ein Außenseiter dazu. Dass es Wolfsburg geschafft hat, ist dem Verein hoch anzurechnen. Der VfL hatte damals aber auch einen super Kader und wenig Verletzte. Wenn dann noch der Glaube dazukommt, dann kann man so etwas erreichen. Ich hoffe, dass der Verein es noch mal schafft. Diese Saison ist auf jeden Fall schon mal wieder ein Schritt in die richtige Richtung.
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