DIE RÜCKRUNDE 2017
Handy im Kreisssaal und neun Tore fürs Liebesglück
Vier Spiele, vier persönliche VfL-Geschichten
Der VfL Wolfsburg befindet sich in seiner 20. Bundesliga-Saison: 20 Jahre, in denen die Anhängerschaft immer weiter wuchs. 20 Jahre, in denen die Anhänger der Grün-Weißen gemeinsam mit ihrem Verein viele Tränen vergossen – sei es vor Trauer oder vor Glück. 20 Jahre, in denen schier unendlich viele Erlebnisse mit dem VfL geboren wurden. Die AZ/WAZ fragte nach Ihrem schönsten Erlebnis mit dem Wolfsburger Bundesligisten. Unter den Einsendungen waren herzergreifende und bewegende Geschichten – und sie alle endeten mit einem Happyend, an dem ihr Lieblingsverein beteiligt war. Auf den folgenden Seiten folgt eine Auswahl dieser Abenteuer, die von Fans erzählt werden.
Dabei wird deutlich, dass sich der VfL mittlerweile selbst in den „verfeindeten“ Gebieten größerer Beliebtheit erfreut. Das zeigen die Geschichten der gebürtigen Braunschweigerin Tina Sokoll oder die Rico Kaczmarek aus Hildesheim – „dem Hannover-96-Land“, wie er selbst beschreibt. Einfach haben es beide durch die Wahl des Lieblingsklubs dadurch nicht. „Aber für den VfL nehmen wir es gerne in Kauf“, sagen beide grinsend. Schließlich verbinden sie mehr mit dem Verein als nur Fußball. Bei Sokoll und Kaczmarek spielten die Grün-Weißen eine tragende Rolle, als sich ihre Leben veränderten. Und der VfL ließ die Träume seiner Fans wahr werden: Die Wolfsburger Pascal Klein und Dennis Nickel belohnte der Verein für ihre Hartnäckigkeit mit einem unvergesslichen Erlebnis. aufgezeichnet
von Pascal Mäkelburg
Dabei wird deutlich, dass sich der VfL mittlerweile selbst in den „verfeindeten“ Gebieten größerer Beliebtheit erfreut. Das zeigen die Geschichten der gebürtigen Braunschweigerin Tina Sokoll oder die Rico Kaczmarek aus Hildesheim – „dem Hannover-96-Land“, wie er selbst beschreibt. Einfach haben es beide durch die Wahl des Lieblingsklubs dadurch nicht. „Aber für den VfL nehmen wir es gerne in Kauf“, sagen beide grinsend. Schließlich verbinden sie mehr mit dem Verein als nur Fußball. Bei Sokoll und Kaczmarek spielten die Grün-Weißen eine tragende Rolle, als sich ihre Leben veränderten. Und der VfL ließ die Träume seiner Fans wahr werden: Die Wolfsburger Pascal Klein und Dennis Nickel belohnte der Verein für ihre Hartnäckigkeit mit einem unvergesslichen Erlebnis. aufgezeichnet
von Pascal Mäkelburg
Das grosse Glück an Prägers Linker Hand
Was mit einer grossen Enttäuschung begann, endete für Dennis Nickel im schönsten VfL-Erlebnis. Als Einlaufkind des Wolfsburger Idols Roy Präger ging ein Traum in Erfüllung.
Seitdem ich denken kann, drücke ich dem VfL die Daumen. Die Spiele meines Vereins besuchte ich schon als Knirps noch zu Zweitliga-Zeiten. Ich spielte als Kind beim TSV Sülfeld selbst Fußball. Einmal auf dem Bundesliga-Rasen stehen zu dürfen – das war mein Traum. Von daher brach in mir ein riesengroßer Jubelvulkan aus, als unser Trainer Volker Ziesche meiner E-Jugend-Mannschaft mitteilte, dass wir vom VfL als Einlaufkinder für das Nürnberg-Spiel im Jahr 1999 ausgewählt wurden. Leider war die Freude darüber nur von kurzer Dauer. Im selben Atemzug erklärte uns der Coach, dass nur elf von uns einen Platz an der Hand der Stars bekommen. Kurzerhand entschied das Los. Ich zog eine Niete.
Die Enttäuschung war riesengroß. Als damals Neunjähriger war die Vorstellung schwer zu ertragen, dass deine Kumpels alle ein schönes Erlebnis haben – und du selbst darfst nur zuschauen.
Doch es kam alles ganz anders: Der Vater eines Mitspielers kümmerte sich, setzte sich mit dem VfL in Verbindung. Wenig später bekamen wir schließlich die Zusage, dass jeder Spieler zwei Einlaufkinder an die Hand nimmt. Somit war jeder von uns versorgt. Mir fiel ein riesiger Stein vom Herzen. Und damit nicht genug!
Doch es kam alles ganz anders: Der Vater eines Mitspielers kümmerte sich, setzte sich mit dem VfL in Verbindung. Wenig später bekamen wir schließlich die Zusage, dass jeder Spieler zwei Einlaufkinder an die Hand nimmt. Somit war jeder von uns versorgt. Mir fiel ein riesiger Stein vom Herzen. Und damit nicht genug!
Das Schicksal wollte es so, dass ausgerechnet ich, der erst eine Niete gezogen hatte, dann beim Einlaufen auch noch den Hauptgewinn bekam. Ich erwischte nämlich durch Zufall die Hand von Roy Präger! Unseren Aufstiegshelden! Die VfL-Identifi kationsfi gur! Und mein großes Vorbild! Hinterher landete das Einlauffoto sogar in der WAZ und ich hatte ein sehr schönes Andenken an diesen unfassbaren Tag im Stadion am Elsterweg.
Von dem Spiel weiß ich leider nicht mehr viel. Ich war einfach zu aufgeregt. Den Moment, als ich Prägers Hand nahm, werde ich aber nie mehr vergessen…
Von dem Spiel weiß ich leider nicht mehr viel. Ich war einfach zu aufgeregt. Den Moment, als ich Prägers Hand nahm, werde ich aber nie mehr vergessen…
Erst traf Valdez, dann Hristov, dann ich
Pascal Klein kickt heute für den SSV Vorsfelde. Geschichte schrieb er aber auf dem heiligen Rasen der VW-Arena. Als bis heute einziger gewann Klein beim Salbzeitspiel „Superschuss“.
Ich kann mich noch gut daran erinnern: Der „Superschuss“ war lange Zeit ein sehr beliebtes Zuschauerspiel während der Halbzeitpause der VfL-Spiele. Ziel war es, den Ball von der Mittellinie aus ins Tor zu schießen – vorher durfte er aber nicht den Boden berühren. Als Preis gab es einen nagelneuen Volkswagen Fox. Gewonnen hatte bisher aber niemand. Ich habe mir oft gedacht: „Das kann doch nicht so schwer sein!“ Ich spielte damals in meinem ersten Herren-Jahr beim VfR Eintracht Nord in der Bezirksliga und habe einige Male nach dem Training den „Superschuss“ mit meinem Teamkollegen Rick Bewernick geprobt. Mein damaliger Trainer Karsten Stephan bekam davon Wind und meldete mich prompt für die Halbzeit-Show an. Er sagte mir, dass ich gut drauf sei und es schaffe. Seine Motivation regte meinen Ehrgeiz weiter an. Meinen Opa habe ich mit dem Enthusiasmus auch angesteckt. Er hat in der Arena einen VIP-Platz und durfte nach einem Spiel ausnahmsweise mal den Rasen betreten. Er zählte im Stadion die Schritte von der Mittellinie bis zum Tor. Es waren exakt 54, das werde ich nicht mehr vergessen! Opa wollte, dass ich ein Gefühl für die Entfernung entwickele, somit übte ich im VfR-Stadion weiter.
Eines Tages war es dann soweit. Ich wurde ausgewählt, durfte im vorletzten Heimspiel der Saison gegen Werder ran. Es stand zur Pause 1:1, Nelson Valdez und Marian Hristov hatten die Tore gemacht. Ich hatte den totalen Tunnelblick – und schaffte es tatsächlich! Mein bester Kumpel Miguel Almeida-Estevao war live im Stadion dabei und hatte meine Mutter am Telefon. Beide waren völlig aus dem Häuschen. Sogar die Sportschau hat über meinen Auftritt im Fernsehen berichtet, die Aufzeichnung davon halte ich in Ehren.
Am letzten Spieltag wurde mir dann der weiße Fox überreicht. Ich bin unheimlich stolz, dieses Spiel als bis heute Einziger gewonnen zu haben.
Am letzten Spieltag wurde mir dann der weiße Fox überreicht. Ich bin unheimlich stolz, dieses Spiel als bis heute Einziger gewonnen zu haben.
Mit dem Liveticker im Kreisssaal
Sein schönstes VfL-Erlebnis musste Rico Kaczmarek aus Hildesheim erst vor seiner Frau geheim halten. Es passierte ausgerechnet während der Geburt seiner Tochter…
Ich hatte schon so einige wunderschöne Erlebnisse mit dem VfL – aber den 18. September 2014 werde ich niemals vergessen. Wolfsburg hatte damals ein Europapokal-Gastspiel beim englischen Traditionsklub FC Everton. Für mich – als jahrzehntelangen treuen Anhänger – eigentlich ein Muss, dort mitzufahren. Meine Freunde flogen. Ich blieb aber zu Hause. Aus gutem Grund: Meine Frau und ich erwarteten eine Tochter, der errechnete Geburtstermin war an jenem 18. September sogar schon seit über einer Woche verstrichen, sie weilte bereits im Krankenhaus. Wir wussten: Es kann jeden Moment so weit sein.
Ich war unglaublich aufgeregt wegen der Geburt, wollte aber auf gar keinen Fall das wichtige Spiel meines Vereins verpassen und habe mich schon auf einen Fußballabend auf dem Sofa eingestellt. Doch es kam, wie es kommen musste: Gut zwei Stunden vor Anpfiff meldete sich das Krankenhaus. Es würde „losgehen“. Natürlich bin ich in Windeseile zum Klinikum Hildesheim gefahren. Doch ich hatte Glück: Meine Tochter ließ sich Zeit mit der Geburt. Und so kam ich tatsächlich auf die Idee, das Spiel per Liveticker am Handy zu verfolgen. Im Kreißsaal! Unauffällig hinter dem Rücken meiner in den Wehen liegenden Frau! Hätte sie das mitbekommen, wäre ich wohl einen Kopf kürzer gewesen! Weil mein Akku pünktlich zum Anpfiff auch noch leer war, nahm ich zu allem Überfluss dazu auch noch ihr Handy und aktualisierte alle paar Minuten den Ticker.
Die Partie hat der VfL leider mit 1:4 verloren. Für mich endete der Abend aber doch noch mit einem Happyend. Um 1.23 Uhr erblickte unsere kleine Liyah das Licht der Welt. Ihr allererstes Outfit: Natürlich ein VfL-Strampler! Später habe ich meiner Frau die Geschichte erzählt. Heute können wir zu zweit darüber lachen. Und wenn Liyah größer ist, auch zu dritt. Denn wenn sie von dieser Story hört, kann sie nur VfL-Fan werden…
Die Partie hat der VfL leider mit 1:4 verloren. Für mich endete der Abend aber doch noch mit einem Happyend. Um 1.23 Uhr erblickte unsere kleine Liyah das Licht der Welt. Ihr allererstes Outfit: Natürlich ein VfL-Strampler! Später habe ich meiner Frau die Geschichte erzählt. Heute können wir zu zweit darüber lachen. Und wenn Liyah größer ist, auch zu dritt. Denn wenn sie von dieser Story hört, kann sie nur VfL-Fan werden…
Weil Dost traf, haben wir uns verliebt
Das 5:4 in Leverkusen war für jeden VfL-Fan schon emotional genug. Tina Sokoll und ihr Philipp setzten noch einen Drauf: das Spektakel in der Bay-Arena machte sie zum Paar.
Obwohl ich gebürtige Braunschweigerin bin, drücke ich dem VfL die Daumen. Dass mein Verein aber an jenem 14. Februar 2015 mein Leben verändern sollte, hätte ich nie für möglich gehalten.
Ich arbeitete zur besagten Zeit noch in Bochum und besuchte mit einer Freundin das Auswärtsspiel des VfL in Leverkusen. Ich kann mich noch bestens daran erinnern: Die Stimmung im Block war klasse, schließlich führten unsere Jungs zur Halbzeit mit 3:0. Da ist mir schon hinter uns jemand aufgefallen, der ausgelassen tanzte und feierte. Er wirkte schnell sympathisch auf mich. Doch das Spiel kippte, die Stimmung auch. Leverkusen holte auf, bis zur Nachspielzeit stand es 4:4. Die Nerven waren zum Zerreißen gespannt. In der 94. Minute änderte sich das aber schlagartig. Bas Dost traf tatsächlich noch zum erlösenden 5:4. Im Block brachen alle Dämme. Und plötzlich kam er rüber zu uns, der tanzende Mann von vorhin. Wir jubelten erst gemeinsam und dann sprach er mich an. Das Witzige dabei: Philipp sagte mir, dass ich ihm schon länger aufgefallen sei, er mich aber nur ansprechen wollte, wenn Wolfsburg dieses Spiel auch gewinnt. Obwohl wir Nummern austauschten und uns sofort mochten, dachte aber niemand von uns, dass wir uns je wiedersehen werden.
Ich arbeitete zur besagten Zeit noch in Bochum und besuchte mit einer Freundin das Auswärtsspiel des VfL in Leverkusen. Ich kann mich noch bestens daran erinnern: Die Stimmung im Block war klasse, schließlich führten unsere Jungs zur Halbzeit mit 3:0. Da ist mir schon hinter uns jemand aufgefallen, der ausgelassen tanzte und feierte. Er wirkte schnell sympathisch auf mich. Doch das Spiel kippte, die Stimmung auch. Leverkusen holte auf, bis zur Nachspielzeit stand es 4:4. Die Nerven waren zum Zerreißen gespannt. In der 94. Minute änderte sich das aber schlagartig. Bas Dost traf tatsächlich noch zum erlösenden 5:4. Im Block brachen alle Dämme. Und plötzlich kam er rüber zu uns, der tanzende Mann von vorhin. Wir jubelten erst gemeinsam und dann sprach er mich an. Das Witzige dabei: Philipp sagte mir, dass ich ihm schon länger aufgefallen sei, er mich aber nur ansprechen wollte, wenn Wolfsburg dieses Spiel auch gewinnt. Obwohl wir Nummern austauschten und uns sofort mochten, dachte aber niemand von uns, dass wir uns je wiedersehen werden.
Doch noch am selben Abend schrieb mich Philipp an. Wir hielten zunächst schriftlichen Kontakt. Drei Wochen später habe ich ihn erstmals in Wolfsburg besucht – natürlich zum gemeinsamen VfL-Schauen. Seit Anfang Mai 2015 sind wir ein Paar. Am ersten Jahrestag bin ich zu ihm nach Wolfsburg gezogen. Und eigentlich habe ich es nur Bas Dost und seinem Tor zu verdanken, dass ich heute so glücklich bin. Dass die Geschichte auch noch an einem Valentinstag geschah, ist sogar noch ein kitschiger Bonus.