Ottmar Hitzfeld: Das denke ich über die Bundesliga

Die Trainerlegende blickt im exklusiven Interview mit Heiko Ostendorp auf die kommende Saison. Hitzfeld nennt Baustellen und Probleme der Klubs und verrät, wer am ehesten die Rolle als Bayern-Jäger einnehmen kann.
Der zweite Weltmeistertitel für die „Grande Nation“: Frankreich schlug Kroatien mit 4:2 im WM-Finale. Basis des Erfolgs war laut Hitzfeld die gesicherte Defensive.
Der zweite Weltmeistertitel für die „Grande Nation“: Frankreich schlug Kroatien mit 4:2 im WM-Finale. Basis des Erfolgs war laut Hitzfeld die gesicherte Defensive.
Herr Hitzfeld, ist Niko Kovac der richtige Trainer für Bayern München?

Er ist definitiv eine gute Lösung. Man hat sich festgelegt, dass man einen deutschsprachigen Trainer will. Niko Kovac erfüllt alle Kriterien, die man als Bayern-Trainer haben muss. Er hat einen Titel mit Frankfurt geholt, was ihm gewaltig hilft für die Anerkennung.Niko Kovac, aus Frankfurt geholter Bayern-Trainer, will sich eines nicht vorwerfen lassen: es den von Titeln verwöhnten Profis zu leicht zu machen. „Wir bringen das Arbeiter-Gen mit. Wir haben uns im Leben immer durchsetzen müssen. Das versuchen wir, unseren Spielern zu vermitteln“, erklärte er das mit ihm nach München transferierte Ethos.

Was befähigt ihn für den Job beim Rekordmeister?

Er hat in Frankfurt mit einer Mannschaft, die aus Spielern aus 14 Nationen bestand, die er vereinen musste, die keine einfachen Typen waren, Erfolg gehabt. Er hat mit sehr viel Disziplin eine klare Hierarchie geschaffen, auch schon als Nationaltrainer von Kroatien. Jetzt muss er bei Bayern neue junge Leute einbauen wie Gnabry oder Goretzka, die Spielpraxis brauchen. Dazu braucht man Fingerspitzengefühl und sehr viel psychologisches Geschick. Das traue ich ihm zu. Er hat einen Plan, den er umsetzen will, klare Führungsprinzipien und er weiß, wie der Klub funktioniert. Er kann mit Druck umgehen, kennt die Bosse bestens und die Presselandschaft auch.

Kovac erfüllt als Bayern-Jäger einnehmen kann. alle Kriterien, die man als Bayern-Trainer haben muss.

Gibt es auf der Führungsebene bald einen Umbruch? Bei der Vorstellung von Kovac saßen nur er und Hasan Salihamidzic auf dem Podium – nicht Uli Hoeneß oder Karl-Heinz Rummenigge.

Das wird sicher nach und nach der Fall sein. Brazzo ist ja schon jetzt nah an der Mannschaft – wie Uli Hoeneß damals, als er noch Manager war. Er ist sicher der direkte Ansprechpartner für Kovac. League scheiterten und im Pokal gegen Kovacs Frankfurter verloren, schaffte es auch Interimslösung Jupp Heynckes nur, die Wende einzuleiten, nicht aber zu vollziehen.

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Borussia Dortmund hat sich mit Lucien Favre keinen einfachen Trainer geholt. Wie viel Explosionsgefahr steckt in seiner Verpflichtung?

Wenn man Favre in Ruhe arbeiten lässt, wird er erfolgreich sein.

Also sehen Sie kein Konfliktpotenzial mit dem ebenfalls nicht ganz einfachen Boss Hans-Joachim Watzke?

Favre bleibt Favre. Er weiß, was er will. Das wusste aber auch Hans-Joachim Watzke, als er diesen Trainer verpflichtet hat. Über allem steht der Erfolg. Wenn der ausbleibt, wird es überall kritisch.

Wenn man Favre in Ruhe arbeiten lässt, wird er erfolgreich sein.

Neben Watzke, Favre und Sportdirektor Michael Zorc gibt es beim BVB noch Sebastian Kehl und Matthias Sammer.

Ich bin der Meinung, dass nicht zu viele Leute mitreden sollten. Zu viele Meinungen sind nicht hilfreich. Sebastian Kehl wird sicher nah bei der Mannschaft sein, Michael Zorc aber der wichtigste Ansprechpartner für Favre bleiben. Die Rolle von Matthias Sammer kann ich nicht einschätzen, er soll ja offenbar beratend tätig sein. Matthias ist ein absoluter Experte, aber wen oder was er genau beraten soll, ist mir nicht so richtig klar. Am Ende müssen ohnehin die Leute vor Ort den Kopf hinhalten.

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Hat es Sie überrascht, dass Ralf Rangnick noch mal für ein Jahr bei RB Leipzig übernimmt, bevor 2019 Julian Nagelsmann kommt?

Ich war etwas erstaunt, ja. Ich halte sehr viel von Ralf Rangnick, aber es ist eine äußerst schwierige Situation, als Sportdirektor auch gleichzeitig Trainer zu sein – dazu nur für das eine Jahr, bevor der neue Mann kommt.

Nagelsmann ist eine Ausnahmepersönlichkeit, jung und belastbar.

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Trauen Sie Nagelsmann zu, dass er die auch für ihn schwierige Situation bewältigen kann?

Er ist eine Ausnahmepersönlichkeit, jung und belastbar. Was er nicht beeinflussen kann, ist die mediale Aufmerksamkeit. Wenn es nicht läuft, wird das Thema RB hochkochen, darauf warten alle. Und er hat die Messlatte mit Platz drei selbst ungemein hoch gelegt.

Ich halte sehr viel von Rangnick, aber ...

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Ähnlich wie der Vizemeister. Kann Schalke mit Domenico Tedesco zum ernsthaften Bayern-Jäger werden?

Ich traue es ihnen zu. Tedesco hat hervorragende Arbeit geleistet in einem Umfeld, das alles andere als einfach ist. Daran sind schon ganz andere gescheitert. Er hat den Klub im Griff, hat das Vertrauen von Clemens Tönnies. Er strahlt eine ungemeine Führungskompetenz und Souveränität aus, weil er ruhig bleibt.

Der übertriebene Ballbesitzfußball war nicht erfolgreich„ bei der WM.

Welche Schlüsse kann und muss die Bundesliga aus der zurückliegenden Weltmeisterschaft ziehen?

Ich glaube, dass sich die Fans danach sehnen, dass man wieder schneller nach vorne statt in die Breite spielt, dass man risikoreicher spielt, mehr Torchancen kreiert. Der übertriebene Ballbesitzfußball war nicht erfolgreich bei der WM, das werden auch die Bundesliga-Trainer registriert haben. Genau wie die Tatsache, dass man mit originellen, kreativen Standards sehr erfolgreich sein kann – gerade als mittelmäßiges Team.

460 Spiele absolvierte Hitzfeld in der Bundesliga als Trainer, holte im Schnitt 1,98 Punkte pro Spiel.

Was noch?

Man hat gemerkt, dass die Basis eine gesicherte Defensive ist – gerade bei den erfolgreichen Mannschaften wie Frankreich oder England. In den letzten Jahren hatte ich manchmal den Eindruck, dass die Offensive das Wichtigste ist. Aber selbst ein Team wie Brasilien hat erst mal gut und sicher gestanden. Das ist sicher auch eine Erkenntnis.

Lebenswerk: Sieben Meistertitel 

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Der 69-Jährige ist der erfolgreichste lebende deutsche Fußballtrainer. Hitzfeld holte sieben deutsche Meistertitel – fünf mit Bayern München, zwei mit Borussia Dortmund. Mit beiden Klubs gewann er die Champions League (1997 mit dem BVB, 2001 mit Bayern) sowie mit den Münchnern dreimal den DFB-Pokal und 2001 den Weltpokal. Im gleichen Jahr sowie 1997 wurde er zum Weltklubtrainer des Jahres gewählt. Von 2008 bis 2014 coachte der gebürtige Lörracher die Schweizer Nationalmannschaft, führte sie zu den WM-Endrunden 2010 und 2014. Nach dem Aus im Achtelfinale 2014 gegen Argentinien beendete Hitzfeld seine Trainerkarriere.

DER HITZFELD-CHECK

Zu jedem der 18 Klubs gibt die Trainerlegende auf den folgenden Teamseiten seine Einschätzung ab.
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