Wolf, Magath, Hecking: Drei ragen heraus

20 Jahre, 20 Geschichten – Die AZ/WAZ-Serie zum Bundesliga-Jubiläum des VfL (4): Die Trainer 

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Der doppelte Magath: Im Sommer 2007 kam der Meistermacher, 2009 war er wieder weg – um 2011 zurückzukehren und den Klassenerhalt zu sichern. Im Oktober 2012 war dann zum zweiten Mal Schluss.


Zwei Jahrzehnte Bundesliga – 15 Trainer, einer kam zweimal. Doch gefühlt hatte der VfL in all‘ den Jahren nur drei Trainer: Wolfgang Wolf, Felix Magath, Dieter Hecking. Die anderen waren halt mal da. Oder sowieso nur als Interimslösungen eingeplant. Inzwischen ist der VfL Wolfsburg, was die Verweildauer seines Personals an der Seitenlinie angeht, ein ganz normaler Verein. Das war er in dieser Hinsicht im ersten Viertel seiner Bundesliga-Geschichte nicht. Denn den Rekord hält immer noch Wolfgang Wolf. Wolfsburgs dritter Trainer im Oberhaus.

Wolfsburgs erster Bundesliga-Trainer war Willi Reimann, der knorrige Hamburger, der mit den Grün-Weißen 1997 aufgestiegen war. Das galt vielen Experten schon als Wunder. Als die Abstiegsgefahr größer wurde, kam Wolfgang Wolf. Für ein Spiel (1:3 in Bremen) war Uwe Erkenbrecher Interimscoach gewesen. Es folgte das Wunder Klassenerhalt. Wo Reimann nur noch knapp acht Monate Bundesliga-Coach des VfL war, blieb Wolf fünf Jahre. Vom 23. März 1998 bis zum 4. März 2003.

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Der Aufstiegstrainer ging in der ersten Bundesliga-Saison: Willi Reimann. 
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Keiner blieb länger da: Wolfgang Wolf war von März 1998 bis März 2003 VfL-Trainer.
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Wolf-Nachfolger: Jürgen Röber war ziemlich genau ein Jahr im Amt.  
Ein Ultimatum für Wolf

Gut, es war die Zeit, als Wolfsburg in der Bundesliga vielen noch als bald erledigte Randnotiz in der Beletage des deutschen Fußballs galt. Eine Zeit, in der Volkswagen den Klub noch nicht als gigantisches Werbevehikel entdeckt hatte. Wolf umschiffte vielleicht auch deshalb manche Klippe. Vielleicht war der Druck etwas geringer, andererseits aber auch die Mittel weitaus bescheidener. Martin Petrov, für umgerechnet etwa 3,5 Millionen Euro gekommen, war lange Zeit der VfL-Rekordeinkauf.

Mehrmals missriet der Saisonstart unter Wolf mächtig. Er erinnert sich: „Da gab es mal ein Ultimatum von Fußball-Chef Wolfgang Heitmann, es sollten aus drei Spielen drei Siege her – und wir spielten 1:1 in Kaiserslautern.“ Wolf: „Manager Peter Pander hat mir über manche problematische Situation hinweggeholfen. Mit ihm, Martin Winterkorn, Heitmann und Wolfgang Hotze, der ja immer noch dabei ist, war gutes, ehrliches Auskommen.“ Dass sich seine Zeit 2003 dem Ende zuneigte, das wusste er schon. Mit dem VfL hatte er viel erreicht. Unter anderem den UEFA-Cup – nur eine Saison, nachdem er gekommen war und das Team vor dem stark drohenden Abstieg gerettet hatte. Wolf, in dessen Ära auch der Stadionneubau fiel, hatte sich lange auf dem Trainerstuhl gehalten.

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Rettung und Spitzenreiter: Erik Gerets vor von April 2004 bis Mai 2005 VfL-Trainer. 
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Ging nach einem halben Jahr wieder: Holger Fach kam im Sommer 2005.
Danach verschliss der VfL vier Nachfolger in vier Jahren, dann kam Felix Magath. Und der Meistertitel. Die Zeiten waren wilder geworden. Wolf hatte noch Stefan Effenberg erlebt, einen Transfer, der sportlich nichts brachte, aber marketingtechnisch ein Zeichen setzte. So wie es Jürgen Röbers Königs-Zugang Andrés D‘Alessandro tun sollte. Der galt als kommender Superstar in Argentinien. Große Klasse hatte er. Ab und zu. Der VfL brannte oft Offensiv-Feuerwerke ab, hinten brannte es noch öfter lichterloh. Nach 13 Monaten Röber kam Eric Gerets. Unter dem einstigen belgischen Nationalspieler wurde Wolfsburg erstmals Tabellenführer, sackte dann ab. Gerets kam mit Manager Thomas Strunz nicht klar, haute aus laufendem Vertrag ab in die Türkei. Für Nachfolger Holger Fach war nach fünf Monaten Ende. Klaus Augenthaler machte es auch nicht länger, aber immerhin blieb seine legendäre 43-Sekunden-Pressekonferenz („Die Fragen stelle ich, die Antworten gebe ich auch“) haften.

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Zweimal Klassenerhalt und eine legendäre Pressekonferenz: Klaus Augenthaler kam im Dezember 2005 und blieb bis Sommer 2007.  
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Magath-Nachfolger: Armin Veh übernahm alle drei Ämter – von Juli 2009 bis Januar 2010. 
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Mehr als nur eine Interimslösung: Lorenz-Günther Köstner war von Januar 2010 bis Saisonende und von Oktober 2012 bis zur Winterpause Cheftrainer.   
Magath entschwand wieder

Dann schnappte sich Wolfsburg einen Meistertrainer, einen, der wusste, wie es geht. Felix Magath. Der Kader wurde groß wie nie. Das Erreichen des UEFA-Cups und der Supersturm Dzeko/Grafite entfachten Euphorie. Die steigerte sich noch im Frühjahr 2009, als der VfL von Sieg zu Sieg eilte, dann vor ausverkauftem Haus Bayern München unter anderem mit einem legendären Solo-Tor von Grafite mit 5:1 auseinandernahm und schließlich Meister wurde. Magath allerdings entschwand nach Schalke, der Trainerstuhl wurde wieder zum Schleudersitz. Unter anderem für den ersten englischen Trainer eines Bundesligisten (Steve McClaren, sieben Monate). Und auch für Rückkehrer Magath. Schnelllebig ist der Ruhm. „Magath raus“ hieß es im Oktober 2012, der Klub leistete Folge nach 19 wenig spektakulären Magath-Monaten.

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Es war ein Versuch: Steve McClaren kam zum Saisonstart 2010 – und ging im Februar 2011.
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Die zweitlängste Amtszeit: Dieter Hecking blieb von Dezember 2012 bis Oktober 2016 VfL-Trainer. 

Lorenz-Günther Köstner, Coach der Reserve, übernahm mal wieder, dann kam Dieter Hecking und ein neuerlicher VfL-Höhenflug. Zu Vizemeisterschaft und DFB-Pokalsieg, angeführt von Superstar Kevin De Bruyne. Es folgte Champions League mit einem Heimsieg gegen Real Madrid, aber auch Stagnation nach De Bruynes Abschied. Valérien Ismaël folgte. Trainer Nummer 15 in 20 Jahren. Fast vier Jahre war Hecking geblieben. Hecking, wie Wolf ein Dauerbrenner. Und beide mussten die schwersten VfL-Stunden miterleben. 2002 war Krzysztof Nowak, ein kommender Superstar, den Bayern München wollte, nach schwerer Krankheit gestorben, im Januar 2015 starb der junge belgische VfL-Profi Junior Malanda auf dem Weg zum Flughafen Braunschweig, wo der VfL ins Trainingslager starten wollte, bei einem Verkehrsunfall.

Nächsten Mittwoch: Vom Stadion am Elsterweg zur VW-Arena

In dieser Woche vor 20 Jahren 


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Ein Generalproben-Treffer aus 30 Metern: Jens Keller.
Der VfL feiert Schützenfest. allerdings braucht der Zweitligist am 15. Februar 1997, genau eine Woche vor dem Rückrunden-Start gegen Fortuna Köln, einen gewissen Anlauf. bis zur 80. Minute steht‘s „nur“ 5:0 im Test beim VFB Klötze, der sich zusehends im eigenen Strafraum verbarrikadiert. erst als der Landesligist k. o. ist, schenkt ihm Wolfsburg noch sieben Dinger ein. ein König wird im munteren Wettschießen nicht ermittelt, Michael Spies, Peter Mihtarski, Chad Deering und Stefan Meißner treffen jeweils doppelt.

Die Generalprobe fürs Fortuna-Spiel ist dieses 12:0 nicht; die steigt einen Tag später im VfL-Stadion. Der Gegner ist mit Lech Posen ein polnischer Erstligist, der rahmen mit lediglich 800 Zuschauern überschaubar. Wolfsburgs Profis spielen trotzdem phasenweise groß auf, Jens Keller (per 30-Meter-Knaller), Meißner und Sead Kapetanovic schießen das 3:0 heraus. „ich will nichts überbewerten“, sagt VfL-Trainer Willi Reimann nach Abpfiff gewohnt schmallippig. Da klingt sein nachgeschobener Satz („Zuversichtlich können wir sein“) geradezu euphorisch...

Optimismus ist auch personell angebracht, alle 23 Spieler sind fit. Feimann frohlockt: „Wir haben viele alternativen.“ Gut so. Denn gegen Fortuna war dieselbe den Wolfsburgern bis dato selten hold. Der Begriff Angstgegner trifft es ziemlich genau. besonders desolat läuft‘s in der Domstadt, wo der VfL in sieben Zweitliga-Gastspielen sieben Niederlagen kassierte! Zum Glück trifft man sich zum Rückrunden-Auftakt in Wolfsburg...  

„Jusko und Roy, ein geniales Gespann“ 

Keiner war in 20 Wolfsburger Bundesliga-Jahren so lange Trainer des VfL wie Wolfgang Wolf. Der Pfälzer rettete den VfL 1998 vor dem Abstieg und blieb bis 2003 im Amt. In seine Zeit fiel auch Wolfsburgs erstmaliger Einzug in den UEFA-Cup. 

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Gleich in Ihrer ersten kompletten Saison als VfL-Coach schnupperten Sie an der Champions-League-Teilnahme. Man hatte es selbst in der Hand, dann gab es ein 1:6 in Duisburg...
 
Champions League wäre der dritte Schritt vor dem ersten gewesen. Da hätte ich gleich meine Klamotten packen können, so schwer wäre die Saison geworden. Ich konnte mit dem UEFA-Cup gut leben.

Was war Ihre beste Entscheidung?

Dass ich an Andrzej Juskowiak festgehalten habe, der ja einen schweren Start bei uns hatte. Mit Roy Präger war er ein geniales Gespann.

Die besten Transfers Ihrer VfL-Zeit?

Bereut habe ich keinen einzigen. Unter anderem Martin Petrov und Diego Klimowicz waren großartig, für Klimowicz bin ich einmal direkt nach einem Spiel via Hannover nach Argentinien geflogen. Mein inzwischen leider verstorbener Bruder Arno hatte ihn beobachtet und sehr empfohlen.

Stefan Effenberg hatten Sie auch im Kader...

Ja, der Stefan... Auf dem Platz war er ein absoluter Profi.

Charles Akonnor war Wolfsburgs Mr. UEFA-Cup, schoss vier Tore in vier Spielen, war aber auch für kuriose Unfälle bekannt...

Charly – einmal hat sich bei ihm eine Antenne in die Nase gebohrt, das ganze Gesicht bandagiert kam er an. Es gab eine Phase, da bin ich zusammengezuckt, wenn vor dem Training das Telefon klingelte, weil ich dachte: „Was hat Charly jetzt wieder angestellt?“

Zu Krzysztof Nowak hatten Sie ein besonderes Verhältnis.

Ja, an ihn zu denken, macht immer traurig, ein großartiger Spieler, ein toller Mensch. Hautnah zu erleben, wie er immer schwächer wurde, war schlimm. Die Bayern wollten ihn, wollten mit uns verhandeln, und wir mussten sagen: Lasst es. Furchtbar. Sein Tod 2002 hat uns alle tief berührt.

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