Über allen thronen Grafite und Dzeko  

20 Jahre, 20 Geschichten – Die AZ/WAZ-Serie zum Bundesliga-Jubiläum des VfL (8): Die Torjäger  

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Die Allerbesten: Edin Dzeko und Grafite (v.) holten nacheinander die Torjäger-Krone. 
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Zwei Jahrzehnte am Stück in der Bundesliga – dass dem VfL Wolfsburg das gelungen ist, lag auch an seinen Torjägern. Sie, die das Publikum von den Sitzen reißen, mit entscheidenden Treffern, spektakulären Aktionen, sind die Akteure, die in besonderer Erinnerung bleiben. Der VfL hatte sie reichlich. Zum Glück. Und zur Freude. Inzwischen über 1000 Mal wurden Wolfsburger Treffer von den VfL-Fans im Oberhaus bejubelt.

Grafite soll den Anfang machen. Der zweitbeste Torschütze aller Zeiten im grünweißen Dress. Es war der 4. April 2009. 26. Spieltag. Heimspiel. Der VfL hatte unter Trainer Felix Magath eine prächtige Rückrunde laufen, war schon Zweiter – hinter Hertha und gemeinsam mit dem HSV und den Bayern.

Demontage der Bayern

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Argentinische Tormaschine: Diego Klimowicz war lange Wolfsburgs bester Torjäger der Bundesliga-Geschichte. imago 00678412 
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Schoss den VfL in den UEFA-Cup: Andrzej Juskowiak. imago 00152939 
Es folgte eine doppelte Demontage. Wolfsburg zerlegte die Bayern mit 5:1, Grafite legte zum 4:1 einen Sololauf hin, bei dem er die ganze Bayern-Deckung ausspielte, Keeper Michael Rensing austanzte und schließlich im Strafraum, von drei Verteidigern umzingelt, den Ball mit der Hacke aus sechs Metern über die Linie kickte. Am Ende wurde Wolfsburg Meister, Grafite Torschützenkönig der Bundesliga mit 28 Treffern, als erster VfLer. Seine 59 Tore in 107 Bundesliga-Spielen für Wolfsburg waren ein überragender Wert.

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Jetzt trifft er für Sporting Lissabon: Bas Dost zählt zu den Top-Torjägern der VfL-Bundesliga-Historie. imago 20875418 
Grafite kann man nicht ohne Edin Dzeko erwähnen. Der Bosnier und der Brasilianer, sie waren das vielleicht größte Ballermann-Duo der Bundesliga aller Zeiten. Mal abgesehen davon, dass Dzeko Wolfsburgs absoluter Rekordtorjäger ist. In 111 Partien erzielte er 66 Treffer. Den Weg zum Titel pflasterte er maßgeblich mit, unter anderem mit seinem 1:0 am vorletzten Spieltag der Meistersaison in Hannover. Dieser Dropkick in den Winkel wäre wohl Tor des Jahres geworden, doch das gehörte Grafite. Dzeko holte sich 2010 die Torjägerkrone der Liga, es zeichnete sich ab, dass er nicht zu halten sein würde. Sein Transfer im Januar 2011 spülte sagenhafte 37 Millionen Euro in die Kasse. Seinen Einkaufspreis hatte der aus Teplice gekommene Schlaks verzehnfacht.

Das Duo war übrigens 2007 quasi gemeinsam zum VfL gewechselt, ließ mit elf Toren (Grafite) und acht Treffern (Dzeko) ab und an Klasse aufblitzen. Ein Jahr später ging es dann rund. Dzeko duellierte sich mit dem aus Lens in Frankreich verpflichteten Grafite förmlich um die Torjäger-Kanone, mit 26 Treffern musste sich der Bosnier dem Brasilianer geschlagen geben.

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Irre Quote: Jonathan Akpoborie schoss 20 Treffer in 39 Partien. imago 00152998
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VfL-Legende: Roy Präger, der mit seinen Toren Grundsteine legte. imago 00018786
Argentinier setzt Maßstab

In der Liste der häufigsten Wolfsburger Torschützen taucht er zwar nicht auf, sollte aber erwähnt sein: Roy Präger machte nach dem Aufstiegsjahr, in dem er wie losgelöst getroffen hatte, erneut zwölf Buden für seine Wölfe, im Jahr darauf weitere neun und wechselte dann zum HSV. So wurde Andrzej Juskowiak der erste nachhaltige Rekordler. 13 Tore für Wolfsburg erzielte er in seiner ersten Saison für den VfL, darunter das 1:0 gegen Leverkusen, das dem VfL sensationell den Einzug in den UEFA-Cup bescherte. Seine 39 Treffer für den VfL toppte erst der Argentinier Diego Klimowicz, der auf 57 kam. Diese Marke hielt lange. Starke 36 Tore schaffte der 2016 zu Sporting Lissabon gewechselte Bas Dost.

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Beachtlich: Im Herbst der Karriere erzielte Ivica Olic noch 28 Tore in 78 Partien für den VfL. imago 13475154
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Viererpack: Der schnelle Martin Petrov schnürte den ersten für den VfL im Oberhaus, beim 4:3 nach 0:2 gegen Mainz. imago 01414315  
Unter den Top Sechs der Wolfsburger Bundesliga-Torjäger ist auch Tomislav Maric zu finden. 30 Treffer erzielte er, schaffte 2001/02 vier Doppelpacks am Stück. Zudem traf er beim bislang einzigen Punktgewinn (3:3) bei den Bayern. Ebenfalls herausragend war Jonathan Akpoborie, der für seine 20 Treffer nur 39 Partien brauchte, ehe man sich von ihm trennte. Seine Quote von nicht einmal zwei Spielen pro Tor knackte erst das Superduo Grafite und Dzeko.

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Einmal ist keinmal: Tomislav Maric schaffte Anfang des Jahrtausends vier Doppelpacks in Serie. imago 00811728
Im Herbst seiner Karriere zündete Ivica Olic noch für den VfL. 28 Treffer in 78 Partien. Beachtlich und Rang sieben der ewigen Wolfsburger Torjäger. Gleichauf rangiert Martin Petrov, der für seine 28 Treffer allerdings 161 Partien brauchte. Vier schoss er allerdings in einem einzigen Spiel. Im Oktober 2004. In 17 Minuten machte er aus einem 0:2 gegen Mainz ein 4:2 (Endstand 4:3). Sein 60-Meter-Solo zum 2:1 beim 5:1 gegen den HSV 2003 war der schönste Alleingang der VfL-Bundesliga-Geschichte – bis der 4. April 2009 kam.

Nächsten Mittwoch: Die Nationalspieler

In dieser Woche vor 20 Jahren 


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Zurück auf Platz drei: Der VfL (l. Meißner) schlug Leipzig mit 2:0.
Dem VfL steht die zweite englische Woche der zweitliga-Saison 1996/97 ins Haus. Eröffnet wird sie am 16. März 1997 mit dem Gastspiel beim FC Gütersloh – und einer Überraschung. Lange galten Jann Jensen und Jens Keller als Kandidaten für die vakante Libero-Rolle, die letztlich aber durch Detlev Dammeier ausgefüllt wird.

Statt als letzter Mann glänzt Jensen als Torschütze. Nach einer ersten Hälfte, „so unterhaltsam wie das Testbild“, wie die WAZ schreibt, köpft der Däne das 1:0 (51.). Nur 240 Sekunden später ist jedoch klar, dass keine Neuauflage des 3:0-Hinspielsieges winkt. An der Entstehung des FC-Ausgleichs scheiden sich indes die Geister. Fakt ist: Schiri Wolfgang Stark sieht ein Foul von VfL-Keeper Uwe Zimmermann an Güterslohs Christian Meyer, Ansgar Brinkmann verwandelt den Elfer. „Das war aber keiner“, zürnt Zimmermann. „Ich habe Ihn nur berührt, da hat er sich fallenlassen.“

Unzufrieden ist auch Willi Reimann, das dürftige Remis schlägt ihm auf den Magen. Für Libero-Interpret Dammeier gibt‘s trotzdem ein Trainer-Lob: „Er hat das tadellos gelöst.“ Drei Tage später muss er den Posten dennoch räumen und wieder ins Mittelfeld wechseln, Keller läuft im Nachholspiel gegen den VfB Leipzig als Abwehrchef auf.

Viel zu tun bekommen er und seine Verteidigerkollegen nicht. Selbst bei der einzigen Chance der Sachsen gerät Zimmermanns Kasten nicht in Gefahr. Die Wolfsburger entfalten dagegen Dauerdruck. Kleiner Schönheitsfehler: Es dauert lange, bis Roy Präger (65.) und Stefan Meißner (88.) Zählbares auf die Anzeigetafel bringen.

Am Ende steht vor 3300 Zuschauern wie in der Hinrunde ein 2:0-Erfolg. in Sachen Rückkehr auf Aufstiegsplatz drei ist das eine Punktlandung – und ein gutes Vorzeichen für den Abschluss der englischen Woche vor heimischem Publikum gegen Rot-Weiss Essen. 

„Mit Roy könnte ich heute noch blind spielen“ 

Er war einer der ersten größeren Einkäufe des VfL gewesen, er wurde seinem Ruf als Torjäger nach etwas Anlauf gerecht: Andrzej Juskowiak. Er schoss das Tor zum Europa-Cup, arbeitet heute als Co-Trainer der polnischen U 21 und als Fernsehkommentator.

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Erinnern Sie sich noch gut an Ihre erste Saison in Wolfsburg?

Das ist ja fast 20 Jahre her, aber am Ende sind wir fast in der Champions League gelandet – natürlich erinnere ich mich noch gut daran. Und gern. Es war eine unglaubliche Saison!

...in der Sie den VfL in den Europapokal geköpft haben...

Gegen Leverkusen, nach einer Flanke von Frank Greiner. Aber das Besondere war der Verlauf. Am Anfang haben wir uns schwer getan, wir haben nicht schlecht gespielt, aber wir konnten einfach nicht gewinnen. Fünf Unentschieden in acht Partien. Dann haben wir Frankfurt mit etwas Glück geschlagen. Und dann ging es los.

...bis in den UEFA-Cup. Wie bewerten Sie den Erfolg von damals heute?

In dieser Saison hat sich gezeigt, dass viel möglich ist, dass man an diesem Standort viel erreichen kann.

Sie waren bei Sporting Lissabon ein Star gewesen, kamen dann via Piräus aus Gladbach nach Wolfsburg. Am Anfang lief es noch nicht...

Stimmt, an die Wolfsburger Spielweise musste ich mich gewöhnen, aber dann habe ich mit Roy Präger prima harmoniert, mit ihm könnte ich wahrscheinlich auch heute noch blind spielen.

Wieviel Kontakt haben Sie noch nach Wolfsburg?

Meine Frau Ivona hat noch einige, ich pflege einen guten zu Roy, im vergangenen Mai war ich mal wieder in Wolfsburg.

Der Fußball hat sich stark gewandelt seit Ihrer großen Zeit. Sie waren noch ein Torjäger der so genannten alten Schule. Wie viele Tore würden Sie heute machen, wenn Sie noch mal 28 wären?

Ich glaube, auch viele. Ich wäre zum Beispiel besser vorbereitet gewesen. Ich hatte oft Rückenprobleme, Probleme mit der Rückenmuskulatur. In Sachen Fitness und medizinische Versorgung ist auch alles viel, viel professioneller geworden.

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