Dem Spiel für die Ewigkeit folgt das Aus

20 Jahre, 20 Geschichten – Die AZ/WAZ-Serie zum Bundesliga-Jubiläum des VfL (7): Die Champions League

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Gewaltige Sprungkraft: Im Luftduell mit Dante (M., h.) steigt Cristiano Ronaldo deutlich höher – und mit drei Toren kickte der Superstar den VfL 2016 aus der Champions League.


Zweimal durfte der VfL in seiner 20-jährigen Bundesliga-Geschichte in der Champions League antreten, 16 Partien in der Königsklasse absolvierte der Klub. Doch kein Spiel wird den Fans des Wolfsburger Fußball-Bundesligisten so stark in Erinnerung bleiben, wie der 2:0-Sieg im Viertelfinal-Hinspiel am 6. April 2016 gegen Real Madrid. Damit gegen die vermeintliche Übermacht tatsächlich die Sensation gelingen konnte, gaben Trainer Dieter Hecking und Manager Klaus Allofs im Vorfeld alles. Die VfL-Verantwortlichen reisten wenige Tage zuvor gemeinsam nach Spanien, um den kommenden Gegner im Classico gegen den FC Barcelona genauer unter die Lupe zu nehmen – und kehrten mit wertvollen Erkenntnissen zurück.

Sensationssieg gegen Real

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Ein Moment für die Wolfsburger Fußball-Geschichte: Cristiano Ronaldo betrübt auf dem Rasen der VW-Arena; der VfL gewann gegen Real mit 2:0.
Wie schafft man es, einerseits den pfeilschnellen und dribbelstarken Christiano Ronaldo in Schach zu halten und gleichzeitig offensiv Akzente zu setzen? Die Frage galt es zu beantworten. Denn eines war schon vor dem Anpfiff klar: Ohne eigenen Torerfolg wird es sicherlich nichts mit dem Halbfinale. Und die Antwort brachten Hecking, Allofs und Co. vom Classico mit: Ausgerechnet über die Seite des Weltfußballers angreifen. Denn: Wie die Wolfsburger herausgefunden hatten, arbeitet der Portugiese selten und ungern mit nach hinten. Darin lag die Chance des Außenseiters – und der VfL nutzte sie.

Als eine ganze Stadt Kopf stand und in Wolfsburg schon bei der Ankunft der Madrilenen der Ausnahmezustand herrschte, rechnete wohl niemand mit der Überraschung. Dann war es 20.45 Uhr, die Champions-League- Hymne ertönte und das Adrenalin stieg. Nach 25 Minuten wirkte alles wie in einem Traum: Durch die Treffer von Ricardo Rodriguez und Maxi Arnold führte der VfL bereits mit 2:0. Bis zum Abpfiff änderte sich an diesem Spielstand nichts mehr – die Überraschung war gelungen.

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Die VfL-Gegner auf dem Weg zum Real-Spiel: Manchester United, PSV Eindhoven, ZSKA Moskau und KAA Gent (von o. l. nach u. l.). Fotos: Boris Baschin/cP24/imago 21707991

Dass es im Rückspiel durch den Dreierpack von Ronaldo eine 0:3-Pleite gab und der VfL doch noch ausschied, war zwar einerseits bitter, nach dem starken Hinspiel-Auftritt aber vor allem für die Fans zu verkraften. Die Freude über den größten Erfolg der Klubgeschichte überwiegt.

Doch wie kamen die Wolfsburger überhaupt bis dorthin? In erster Linie mit überzeugenden Leistungen in der Gruppenphase. Durch die Siege gegen ZSKA Moskau (1:0 und 3:2), PSV Eindhoven (2:0) und Manchester United (3:2 mit Naldo-Doppelpack) zog der VfL als Erster ins Achtelfinale ein. Dort wartetete mit KAA Gent eine vergleichsweise leichte Aufgabe. Souverän mit 3:2 in Belgien und einem 1:0-Erfolg in der VW-Arena ging es ins Viertelfinale. Verloren hatte der VfL im Hinspiel allerdings Sebastian Jung, der sich einen Kreuzbandriss zuzog.

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Das erste Wolfsburger Champions-League-Tor: Grafite trifft gegen Moskau. 
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Die Premiere

Zwei der drei Gruppengegner aus der zweiten Champions-League- Spielzeit kannte der VfL bereits von seiner Königsklassen- Premiere – anstatt gegen Eindhoven war es damals allerdings gegen Besiktas Istanbul gegangen. Nach dem Gewinn der Meisterschaft 2009 debütierten die Wolfsburger in der folgenden Saison auf der größten Bühne des internationalen Klubfußballs. Auch dort startete das Team von Neu-Trainer Armin Veh ordentlich – und einer zeigte sich gegen Moskau in Torlaune: Grafite, Torschützenkönig der Vorsaison. Der Brasilianer führte den VfL bei der CL-Premiere am 15. September 2009 mit seinem Dreierpack quasi im Alleingang zum 3:1-Erfolg.

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Die Gruppengegner bei der Premiere 2009: ZSKA Moskau, Besiktas Istanbul und Manchester United – mit Dreifach-Torschütze Michael Owen im letzten Spiel (v. l.). 
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Fotos: roland hermstein (2)/dPa/imago 04863039/05088574 

Beim ersten Auftritt in Old Trafford ging Wolfsburg durch den Treffer von Edin Dzeko mit 1:0 in Führung, doch Manchester United drehte die Partie durch Tore von Ryan Giggs und Michael Carrick. Es folgte ein mageres 0:0 gegen Besiktas, ehe sich der VfL zwei Wochen später in der Türkei formverbessert präsentierte und mit 3:0 gewann. Ende November ging es in Moskau um den Einzug ins Viertelfinale. ManU war so gut wie durch, Tabellenplatz zwei war zum Greifen nah. Nach früher 1:0-Führung durch Dzeko drehte Moskau die Partie – am Ende hieß es 1:2. Am letzten Spieltag machte Moskau das Achtelfinale in Istanbul perfekt, der VfL unterlag Manchester mit 1:3. Als Drittplatzierter ging es dann in der Europa League weiter.

Nächsten Mittwoch: Die Torjäger

In dieser Woche vor 20 Jahren  


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Fiel verletzt aus: VfL-Libero Matthias Maucksch.
Anfang März 1997 werden sechs mit Atommüll beladene Castor-Container über die Umladestation Dannenberg ins Zwischenlager Gorleben transportiert. Was das mit dem VfL zu tun hat? Am 20. Zweitliga-Spieltag eine ganze Menge. Das ursprünglich für den 8. März angesetzte Heimspiel gegen den VfB Leipzig wird wegen der Überführung des strahlenden Materials um elf Tage verlegt.

Das bedeutet: Den spielfreien Wolfsburgern droht der Absturz vom Aufstiegsplatz. zumindest vorerst. Und genau so kommt es auch. Da der SV Meppen (gegen den FSV zwickau) und der FSV Mainz 05 (gegen den FC Gütersloh) jeweils mit 3:0 gewinnen, ziehen sie am – damit jetzt fünftplatzierten – VfL vorbei.

Doch auch die Grün-Weißen sind nicht untätig. Sie testen gleich doppelt. Um im Wettkampfmodus zu bleiben. Und um den Sieger in einem internen Casting zu ermitteln: Wolfsburg sucht den Ersatz-vom-Ersatz-Libero. Nötig wird‘s, weil sich Stammkraft Matthias Maucksch in Berlin einer Kreuzband-OP unterziehen muss und Vertreter zoran Tomcic Gelb-rot-gesperrt ist. Die aussichtsreichsten Kandidaten für den vakanten Posten als letzter Mann sind Jens Keller und Jann Jensen.

Im ersten Test in Rothemühle gegen den forsch auftretenden Niedersachsenligisten TSV Wendezelle (2:0) setzt VfL-Trainer Willi Reimann zunächst auf Jensen und nach der Pause auf Keller, im zweiten beim überforderten Oberligisten 1. FC Magdeburg (8:0) auf – keinen von beiden... Stattdessen lässt Reimann eine Viererkette mit den Libero-Aspiranten als Innenverteidiger-Duo spielen. An eine Wiederholung dieses Experiments unter Zweitliga-Bedingungen glaubt Jensen freilich nicht. Der Däne: „Dazu müssten wir es doch noch etwas häufiger ausprobieren.“ Die Entscheidung im besagten Casting bleibt offen.

„Haben den Sieg alle nicht wirklich realisiert“ 

Seit mehr als neun Jahren spielt Diego Benaglio beim VfL Wolfsburg. Der Torhüter erlebte beide Champions-League-Spielzeiten des Bundesligisten mit – 2009/10 und 2015/16. Vor allem die Spiele gegen Real Madrid blieben ihm in Erinnerung.

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Das erste VfL-Auswärtsspiel in der Champions League fand bei Manchester United statt. Das Spiel endete 1:2. Wie war es für Sie, in Old Trafford aufzulaufen?

Old Trafford ist allein aufgrund der Geschichte und des Renommees des Vereins etwas Besonderes. Im Nachhinein wäre es sogar möglich gewesen, von dort etwas mitzunehmen. Es war toll dort zu spielen, aber natürlich gekoppelt mit der Enttäuschung über die Niederlage.

Im zweiten Jahr Champions League ist der VfL durch die Gruppenphase marschiert und traf im Achtelfinale auf KAA Gent. War das ein Glückslos?


Gent war ein gefährliches und sehr trügerisches Los. Alle haben nach dem Gruppensieg erwartet, dass man diese Hürde locker nimmt. Mit dem Sieg im Hinspiel haben wir den Grundstein gelegt.

Im Viertelfinale schaffte der VfL zu Hause die Sensation mit einem 2:0-Sieg gegen Real Madrid. Was ging danach in Ihnen vor?

Mir ging durch den Kopf, dass wir noch nicht durch sind. Klar waren wir stolz auf den Sieg, aber so richtig realisiert haben es wohl alle nicht. Das Spiel wird den Leuten immer in Erinnerung bleiben. Unser Fokus lag mit dem Schlusspfiff auf dem Rückspiel. Wir wussten, dass Real in der Lage ist, uns den 2:0-Vorsprung aus den Händen zu reißen.

Was war der Schlüssel zum Erfolg?

Real hat uns an diesem Abend nicht so stark erwartet und irgendwann kam der Moment, dass wenn du nicht mit einhundert Prozent bei der Sache bist oder den Gegner etwas unterschätzt, du den Hebel nicht mehr umlegen kannst. Im Nachhinein ist es schade, dass wir nicht die eine oder andere Torchance mehr genutzt haben.

Im Rückspiel verlor der VfL mit 0:3. Wie war es im Bernabeu?

Die Stimmung war klasse, es war laut – wie es sich für ein Viertelfinale gehört. Das frühe 2:0 hat Real dann leider in die Karten gespielt.

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