Der VfL Wolfsburg stellt sich neu auf: Neues Trainerteam für die Fußballfrauen

Mit neuen Gesichtern Zurück zu Alten Erfolgen
Fotos: WAZ-Archiv/Roland Hermstein
Fotos: WAZ-Archiv/Roland Hermstein
Die Fußballerinnen des VfL Wolfsburg haben für viele Titel und viele Rekorde gesorgt, in der verganenen Saison kam ein weiterer dazu: Wolfsburg wurde der beste Vizemeister in Geschichte der Frauen-Bundesliga – mit 59 von 66 möglichen Punkten! Ein starkes Ergebnis, aber eben „nur“ Platz zwei. Und ein Zeichen dafür, dass der VfL, zuvor viermal Meister in Folge, weiter Gas geben muss im Konkurrenzkampf der Top-Klubs, der immer noch ein Zweikampf ist. Der FC Bayern Meister, Wolfsburg Pokalsieger, beide in der Champions League unter den Top-Teams. Um dranzubleiben wird in Wolfsburg umgebaut – und das betrifft das Personal auf dem Platz und neben dem Platz. „Wir haben eine Umstrukturierung vor und wollen den Kader verjüngen“, sagte Ralf Kellermann, Sportlicher Leiter der VfL-Frauen, bereits während der vergangenen Saison. „Wir möchten international konkurrenzfähig sein und diesen Weg mit jungen, entwicklungsfähigen Spielerinnen gehen.“

Ingrid Engen, Fridolina Rolfö (lehnten Vertragsverlängerungen ab, jetzt FC Barcelona), Friederike Abt, Lisanne Gräwe (beide Bayer Leverkusen), Karina Saevik (Avaldsnes) sowie Zsanett Jakabfi, Lena Goeßling und Lara Dickenmann (alle Karriereende) haben den Verein verlassen. Mit Lena Lattwein, Tabea Waßmuth (beide 1899 Hoffenheim), Sandra Starke (SC Freiburg), Lynn Wilms (FC Twente), Turid Knaak (Atletico Madrid), Joelle Smits (PSV Eindhoven) und Jill Roord (FC Arsenal) präsentierte der VfL im Gegenzug sieben hochkarätige Neuzugänge. Mit einem Altersdurchschnitt von 23 Jahren passen die Neuzugänge bestens in die neue Philosophie der Wolfsburgerinnen.
Lattwein absolvierte mit ihren 21 Jahren bereits 68 Partien in der Bundesliga und kann Engen im defensiven Mittelfeld eins zu eins ersetzen, Waßmuth (24) ist mit ihrem ersten großen Wechsel bereit für den nächsten Entwicklungsschritt und als schnelle Flügelstürmerin in der Spitze eine Waffe. Smits (21) netzte in der vergangenen Eredivisie stolze 21 Mal und ist in der Offensive flexibel einsetzbar, erinnert von ihren Spielanlagen her an Ewa Pajor. Starke (27) hingegen ist eine Allrounderin mit viel Ruhe am Ball, die die Liga auswendig kennt, und Knaak (30) eine national sowie international enorm erfahrene Spielerin, die auf und nebem dem Platz eine tolle Professionalität ausstrahlt. Roord ist der Transfer-Coup des Sommers, ein internationaler Top-Star. Die Niederländerin bringt Spielmacher-Qualitäten mit, die mit dem Abgang von Pernille Harder verloren gegangen sind. Der Mix aus Talent und Erfahrung passt – mit Almuth Schult, Dominique Janssen, Lena Oberdorf, Svenja Huth, Alexandra Popp und Ewa Pajor ist ohnehin eine Weltklasse-Achse vorhanden, an der sich orientiert werden kann.

Doch auch an der Seitenlinie gibt es neue Impulse und Ideen: Nach dem Abgang von Trainer Stephan Lerch, der sich nach insgesamt acht Jahren beim VfL einer neuen Herausforderung widmet und nun die U17-Junioren von 1899 Hoffenheim trainiert, ist Tommy Stroot der neue Chefcoach des VfL. Der gebürtige Nordhorner kam von Twente Enschede in die Autostadt. Mit den Niederländerinnen wurde er zwischen 2016 und 2021 zweimal Meister und Cup-Sieger! In Enschede arbeitete der Deutsche stets mit vielen jungen Spielerinnen, aus denen er mit einer gesunden Siegermentalität und dem richtigen Coaching Meisterinnen machte. Qualitäten, auf die fortan auch beim VfL gezählt wird.
Den VfL möchte der 32-Jährige mit frischen Ideen neu beleben – und setzt dabei auf ein fast komplett neues Trainerteam. Ex-Nationalspielerin Kim Kulig und Sabrina Eckhoff sind neue Co-Trainerinnen, Gerhard Waldhart Videoanalyst und Eva-Maria Virsinger Scout. „Ich will keine Ja-Sager neben mir, sondern Qualität“, sagte Stroot nach Amtsantritt über die Auswahl. Beim VfL verfolge man künftig einen klaren Plan. Man möchte Dinge anpassen, aber auch nicht alles, was war, über den Haufen werfen. „Es geht erst mal darum, gewisse Dinge hinzuzufügen, um stabil den nächsten Schritt machen zu können.“
In der vergangenen Saison war auf internationaler Bühne für die Wölfinnen bereits im Viertelfinale der Champions League überraschend gegen den FC Chelsea Schluss. Mit dem Triumph im DFB-Pokal gegen Eintracht Frankfurt blieben die Grün-Weißen aber dennoch nicht titellos und setzen somit eine eindrucksvolle Serie fort. Seit dem sensationellen Triple-Gewinn 2013 kam in jedem Jahr mindestens ein weiterer Titel dazu, von den wettbewerbsübergreifend insgesamt 27 möglichen Trophäen holten die Wolfsburgerinnen satte 16. Die Niedersächsinnen haben die Messlatte weiter hoch gelegt, Titel zu gewinnen gehört zur DNA der Mannschaft.

Dass die Titelsammlung weiter wachsen soll, ist darum ein offenes Geheimnis. „Diesen Anspruch haben alle in Wolfsburg“, weiß Stroot, der aber auch betont: „Ich werde nicht sagen, dass wir die Champions League oder sogar das Triple holen wollen. Aber klar ist, dass wir nach dem maximalen Erfolg streben. Was dann am Ende dabei herauskommt, werden wir sehen.“
  
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