Neue Chancen - der VfL stellt sich dem Umbruch

     
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Spielerinnen kommen, Spielerinnen gehen: Frauenfußball-Bundesligist VfL Wolfsburg steht nach dem Double-Gewinn in der vergangenen Saison vor großen Veränderungen – und sehnt sich danach, in der neuen Spielzeit zum dritten Mal die Champions-League-Trophäe zu gewinnen.

Zwei Abschiede werden das Spiel des VfL besonders stark verändern – die von Nilla Fischer und Caroline Hansen. Sechs Jahre lang spielte Innenverteidigerin Fischer in Wolfsburg, wurde Leitwölfin der Mannschaft. Mit dem VfL gewann sie alles, was es auf Vereinsebene zu gewinnen gibt: 2014 die Champions League, 2014, 2017, 2018 und 2019 die Meisterschaft und von 2015 bis 2019 den DFB-Pokal. Für die schwedische Nationalspielerin schließt sich jetzt ein Kreis. 2013 kam sie aus Linköping nach Wolfsburg, nun kehrte sie aus privaten Gründen zum dreimaligen schwedischen Meister zurück, unterschrieb einen Vertrag über zwei Jahre. Söhnchen Neo soll im familiären Umfeld aufwachsen. Sportlich hinterlässt Fischer eine große Lücke beim VfL, die 34-Jährige war Dreh- und Angelpunkt der Defensive, dirigierte ihre Mannschaft von vorne bis hinten. Und gerade eine Position wie die Innenverteidigung braucht Stabilität, Erfahrung und Kontinuität.
            
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Mit Caroline Hansen bricht eine weitere wichtige Stütze aus dem Grundgerüst des Double-Gewinners weg. Nach fünf Jahren in Wolfsburg entschied sich die Norwegerin gegen eine Vertragsverlängerung und heuert stattdessen beim FC Barcelona an, wo die Flügelflitzerin die Entwicklung und Professionalisierung der spanischen Liga weiter vorantreiben soll. Gemeinsam mit Pernille Harder und Ewa Pajor bildete Hansen in den vergangenen Jahren das gefährlichste Trio der Liga. In der abgelaufenen Spielzeit kam die 24-Jährige auf knapp 30 Torvorlagen.

Mit Mary Earps (Manchester United), Meret Wittje (SC Freiburg), Ella Masar (Karriereende) und Katharina Baunach (West Ham United) verließen zudem wichtige Ergänzungsspielerinnen den Verein. Den sechs Abgängen stehen mit Svenja Huth, Felicitas Rauch (beide Turbine Potsdam), Friederike Abt (1899 Hoffenheim), Fridolina Rolfö (Bayern München), Dominique Bloodworth (Arsenal London), Hedvig Lindahl (Chelsea London) und Ingrid Engen (LSK Kvinner) sieben hochkarätige Neuzugänge gegenüber. Und für den VfL bieten sich neue Chancen.
             
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Die Zeit für eine neue Ausrichtung war reif – auch für ein Top-Team wie den VfL. Der Frauenfußball war schneller und unberechenbarer. Gerade in der Verteidigung merkte man in den letzten Jahren, dass Wolfsburg trotz aller Erfolge Luft nach oben hat. Das mögliche neue Innenverteidiger-Duo aus Bloodworth und Sara Doorsoun, die im letzten Jahr noch keine große Rolle spielte, steht für Schnelligkeit und Erfahrung – Tugenden, die immer wichtiger werden. Mit Lena Goeßling und Joelle Wedemeyer können zwei weitere Top-Spielerinnen die Positionen besetzen. Neuzugang Rauch kann als Linksverteidigerin ebenfalls mit ihrem Tempo glänzen und hat dazu starke Qualitäten im Zug nach vorne, sie wird sich mit Noelle Maritz konkurrieren. Als Rechtsverteidigerinnen ständen demnach Anna Blässe und Babett Peter zur Verfügung.

Auch auf den Sechser-Positionen könnte es zu Änderungen kommen, so testete Trainer Stephan Lerch vergangene Saison Alexandra Popp vermehrt neben Sara Gunnarsdottir in der Mittelfeldzentrale. Aufgrund ihrer Präsenz und starken Physis sichert Popp vor der Abwehrkette gut ab. Engen und Claudia Neto sind ebenfalls gelernte Sechser.
            
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In der Offensivreihe können Huth (rechts) und Rolfö (links), zwei Neuzugänge, gemeinsam mit Harder (Mittelstürmerin) auf Ewa Pajor, Zsanett Jakabfi und Anna-Lena Stolze (alle Sturm) spielen. Mit Lara Dickenmann (kehrt nach Kreuzbandriss zurück), Kristine Minde und Pia-Sophie Wolter gibt es dabei aber weitere Spielerinnen, die die Offensivreihe besetzen können. Im Tor wird die erfahrene Lindahl, die bei der abgelaufenen Weltmeisterschaft Weltklasse für Schweden parierte, als Nummer 1 in die Saison starten, nachdem Torfrau Almuth Schult aufgrund einer Schulter-OP auf unbestimmte Zeit ausfällt. Abt bleibt demnach die Nummer 2.

Nun kommt es für VfL-Trainer Stephan Lerch darauf an, wie schnell die Automatismen greifen und wie schnell sich die Neuzugänge integrieren. Das Positive: Die meisten Spielerinnen kennen die Liga und den VfL, was ein großer Vorteil ist. Aufgrund der immensen Entwicklung im internationalen Frauenfußball war es jedoch nötig, den Kader weiter zu verstärken. Und dass der amtierende Meister es ernst meint, zeigt allein die Verpflichtung von Bloodworth, denn: Der VfL kaufte die Wunschspielerin des Trainers aus ihrem Vertrag in London raus – ein im Frauenfußball immer noch eher ungewöhnlicher Vorgang.

Am Ende des Tages träumen alle vom selben Ziel: Titel gewinnen. Und es soll nicht nur bei den nationalen Trophäen bleiben, für die es wohl mit dem FC Bayern wieder nur einen echten Mitbewerber gibt. Der VfL will auch international der immer zahlreicheren Konkurrenz Paroli bieten, das Viertelfinal-Aus in der vergangenen Saison gegen den Dauer-Titelträger Olympique Lyon schmerzte. Dass die Königsklasse der Maßstab ist, daraus machen Spielerinnen und Verantwortliche keinen Hehl. „Ich habe den Ehrgeiz und den Anspruch, Titel zu gewinnen“, so Neuzugang Svenja Huth und macht damit klar: Spielerinnen kommen, Spielerinnen gehen – die Ziele bleiben.
    
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