Ich mag den Schalk in Jonkers nacken

ZDF-Moderator Jochen Breyer

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Das ZDF überträgt das Saisoneröffnungsspiel zwischen Meister Bayern München und Bayer Leverkusen live. Sind Sie dabei? Und wie geht es aus?

Ja, ich bin dabei, wir übertragen das Eröffnungsspiel und ich darf zusammen mit Oli Kahn den Start moderieren. Aber wie es ausgeht? Bayern ist Favorit, alle erwarten einen Sieg des Meisters, darin liegt vielleicht Leverkusens Chance.

Am ersten Spieltag der neuen Saison stehen sich drei der ersten Vier von 2015 in direkten Duellen gegenüber. Meister Bayern gegen den damaligen Vierten, Vizemeister Wolfsburg gegen den damaligen Siebten Dortmund, den der VfL damals im Pokalfinale besiegte. In der vergangenen Saison musste sich Leverkusen zeitweise Sorgen machen, Wolfsburg zittern bis zum Schluss. Hätten Sie das im Sommer 2015 gedacht?

Das hätt e wohl niemand geglaubt. Aber ich glaube nicht, dass Leverkusen und Wolfsburg noch mal gegen den Abstieg spielen, das waren Ausrutscher.

Was ist beim VfL in der Folge schiefgelaufen?

Das war eine Negativspirale: Eine Mannschaft, die nicht für den Abstiegskampf gebaut war, kommt nicht in Form und dann setz t sich schnell mal so ein Kreislauf nach unten in Gang. Das ist schon vielen Teams so ergangen, vor allem solchen, die über das Spielerische kommen und weniger über den Kampf. Das wird dann zum Problem im Abstiegskampf, der nicht umsonst so heißt.

Sie sagen, es waren Ausrutscher – was macht Sie für Wolfsburg zuversichtlich?

Der VfL hat seine Lehren gezogen, glaube ich. Er setzt vermehrt auf junge Spieler, das ist der richtige Weg. Es sind noch gute Spieler da, es kann wieder schön anzusehender Fußball werden.

Gleich am ersten Spieltag 2017/18 treffen zwei in der Bundesliga noch nicht so bekannte niederländische Trainer aufeinander.
Andries Jonker mit Wolfsburg und Peter Bosz mit dem BVB. Wann ist eigentlich mit Jonker mal im Sportstudio zu rechnen?

Andries Jonker ist auf dem Zettel. Ich mag ihn gern, mag den Schalk in seinem Nacken, seinen Humor. Mal gucken, wann es klappt. Sollte Wolfsburg durchstarten, laden wir ihn auf jeden Fall ein.

Erklären Sie mal ein wenig, wie das mit den Gästen im Aktuellen Sportstudio läuft.

Die Anfrage stellen wir in der Regel am Anfang der Woche. Der Studiogast soll zu einem aktuellen Thema oder zur Situation seines Klubs, am besten auch zum aktuellen Spiel passen. Und natürlich muss es auch logistisch möglich sein, ihn ins Studio zu holen. Manchmal scheitert es daran leider.

Wütemder Abgang: Jochen Breyers Erlebnis mit Jürgen Klopp.
Wütemder Abgang: Jochen Breyers Erlebnis mit Jürgen Klopp.
Sie sind ja sozusagen ein Schichtarbeiter, machen das Morgenmagazin, da geht es früh raus. Beim Aktuellen Sportstudio geht es anders herum – wie sieht da der Tagesablauf des Moderators Jochen Breyer aus?

Wenn ich das Sportstudio moderiere, versuche ich vor allem erst mal auszuschlafen, denn es wird ein langer Tag. Um 15 Uhr treffen wir uns in der Redaktion, schauen uns die Spiele an, überlegen: Mit welchem Thema machen wir auf? Spielen einen Ablauf durch, planen – etwa, ob ein Gast gleich zu Beginn der Sendung auftritt oder erst später.

Machen Sie Vorgespräche?

Nur kurz, die Gäste sollen nicht das Gefühl haben, dass sie alles doppelt erzählen.

Gibt es Situationen, wo Ihnen Verein oder Berater vorschreiben wollen, was Sie fragen oder nicht fragen?

Ich hatte so einen Fall noch nicht. Und das machen wir auch nicht mit: Wir lassen uns nichts vorschreiben.

Wann ist für den Moderator des Aktuellen Sportstudios Feierabend?

Weit nach Mitternacht. Nach der Sendung ist die Anspannung weg, da gibt es oft die nettesten Momente des Tages, die Zuschauer sammeln noch Autogramme, manchmal bleiben die Gäste noch, es wird über Gott und die Welt geplaudert. Früher, so habe ich von älteren Kollegen gehört, ging das ganze Team zusammen mit den Gästen noch in ein Restaurant, das waren wohl sehr feucht-fröhliche Abende. Das gibt es leider nicht mehr.

Sie haben ja nicht nur die Bundesliga im Blick, moderieren verschiedene ZDF-Fußball-Sendungen, haben zuletzt im Studio mit Sebastian Kehl und Holger Stanislawski den Confed-Cup analysiert. Da war das DFB-Team mit einer Quasi-B-Elf stark, hat nicht nur das Turnier gewonnen, sondern auch spielerisch überzeugt. Die U 21 ist Europameister, die A-Nationalmannschaft amtierender Weltmeister. Ist der deutsche Fußball so stark, wie er aussieht?

Das Potenzial ist riesig. Ich glaube, es war noch nie so groß wie jetzt. Für 2018 kann Jogi Löw aus einem Pool von 40 bis 50 Spielern schöpfen. Er hat die Qual der Wahl. Und jeder erwartet den nächsten Weltmeistertitel. Diese Erwartungshaltung, die aus den beiden Titeln in diesem Sommer erwachsen ist, bedeutet für die Nationalelf auch Druck.

„Mario Gomez hat die Erfahrung, hat seinen Wert schon unter Beweis gestellt.“

Neue Aufgabe: Jochen Breyer in der Sendung „Am Puls Deutschlands“.
Neue Aufgabe: Jochen Breyer in der Sendung „Am Puls Deutschlands“.
Ein riesiger Pool Spieler – welche Chancen sehen Sie, auch angesichts ständig nachdrängender junger Top-Spieler, für VfL-Torjäger Mario Gomez, dass er 2018 im deutschen WM-Kader ist?

Die Chancen stehen gar nicht so schlecht. Mario ist ein Spielertyp, den es nicht so oft gibt. Sandro Wagner ist ähnlich. Aber Gomez hat die Erfahrung, hat seinen Wert schon unter Beweis gestellt. Wenn er nicht eine Seuchensaison erwischt wie die Hinrunde der vergangenen Spielzeit, rechne ich mit ihm.

Sie haben im Sommer eine Dokumentation gedreht, die vor kurzem gelaufen ist. „Am Puls Deutschlands“ hieß die Sendung. Sie haben viele Interviews geführt, viele Menschen getroffen. Abseits vom Sport. Bereitet sich Jochen Breyer da schon auf die Zeit ab 2018 vor, wenn das ZDF keine Champions-League-Partien mehr übertragen darf?

Nein, das hat damit nichts zu tun, auch nicht unbedingt mit meinen Studienabschlüssen. Ich hatte zur EM 2016 in Frankreich eine Dokumentation über den Front National in Frankreich und sein Verhältnis zur Equipe Trikolore gemacht. Das Spannungsfeld zwischen Politik und Sport finde ich hochinteressant. Dann ist das ZDF auf mich zugekommen, ob ich eine Reportage vor der Bundestagswahl machen würde. So entstand die Sendung „Am Puls Deutschlands“.

Über die immer mal wieder aufflammende Diskussion um Fußball-Ablösesummen und Gehälterjenseits der realen Welt sprachen die Menschen auch?

Nein, das war kein Thema. Viel öfter ging es um die Bezahlung in sozialen und helfenden Berufen. Der Fußball und seine Summen sind ein in sich geschlossenes System.

„Dass das ZDF bei der CHampions League nicht mehr mitmacht, kann ich nach vollziehen.“

Ein System, in dem die Fernsehrechte immer teurer werden, sich immer weiter verspreizen, die öffentlich-rechtlichen Sender immer öfter in die Röhre schauen.

Der Fußball gewinnt immer mehr an Bedeutung, deshalb steigen auch die Preise für die Rechte in verrückte Höhen. Dass das ZDF als öffentlich-rechtliche Anstalt da bei der Champions League nicht mehr mitmacht, kann ich nachvollziehen.

Wie sehen Sie die Entwicklung immer mehr gesplitteter Spieltage und ausufernder Turniere?

Zuletzt waren Testländerspiele nicht mehr ausverkauft, vielleicht ist es ein gewisser Overkill. Angesichts aufgeblähter internationaler Turniere frage ich mich schon: „Wie lange soll das noch so weitergehen?“

Sie haben mal gesagt, Sie möchten überraschen, wenn Sie interviewen oder moderieren. Wie könnte man Sie überraschen? Indem man nicht nach Jürgen Klopp fragt?

Ja, das wäre überraschend.

Dann verderbe ich Ihnen mal die Überraschung. Wie war das denn nach dem Real-Spiel, als er das Studio sichtbar sauer und ohne Handschlag verlassen hat? Haben Sie danach wieder miteinander geredet?

Ja, klar, wir sind uns noch öfter über den Weg gelaufen, sprechen manchmal noch darüber, können inzwischen darüber lachen.

Sie selbst spielen Fußball. Im Verein?

Nein, dafür ist leider keine Zeit. Aber ich bin in zwei Hobby-Teams aktiv.

Die Saison geht los, auf welchen Zugang in die Liga freuen Sie sich am meisten?

Als Moderator mag ich ja keine erwartbaren Antworten, aber in diesem Fall muss ich selbst eine geben: James Rodriguez vom FC Bayern. Ich fand ihn bei der WM 2014 überragend und bin sehr gespannt, ihn in der Bundesliga zu erleben.

JOCHEN BREYER...

...gilt als Senkrechtstarter beim ZDF, wo er seit 2013 zu den festen Moderatoren der Sendung „Das aktuelle Sportstudio“ zählt. Jürgen Klopp ließ ihn als Dortmund-Trainer mal nach einer ebenso ehrlichen, aber unbedacht-frechen Frage ohne Handschlag stehen. Lange her. Breyer hört zu, Breyer fragt nach, und geht tiefer. Nach Studium (Politikwissenschaft, Amerikanistik), freier Mitarbeit bei der Süddeutschen Zeitung und beim bayerischen Rundfunk ist der gebürtige Heidelberger seit 2007 als Reporter und Redakteur beim ZDF, moderierte seit 2011 das Morgenmagazin, seit 2012 (im Wechsel mit Oliver Welke an der Seite von Experte Oliver Kahn) die ZDF-Champions-League-Partien, ehe der Ruf des Aktuellen Sportstudios kam. WAZ-Sportredakteur Jürgen Braun sprach mit dem Shootingstar.
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