Hundert Prozent Wolfsburger

Grizzlys-Nationalspieler Gerrit Fauser: Was ihm die WM bedeutete, was er über Pat Cortina denkt und warum er fast beim Eiskunstlauf gelandet wäre
Bereit für den Auftakt: Die Grizzlys Wolfsburg (weiße Trikots) starten heute (19.30 Uhr) mit dem Spiel bei den Eisbären Berlin in die neue Saison. FOTO: PIX.ORG/RUFFLER
Bereit für den Auftakt: Die Grizzlys Wolfsburg (weiße Trikots) starten heute (19.30 Uhr) mit dem Spiel bei den Eisbären Berlin in die neue Saison. FOTO: PIX.ORG/RUFFLER
Von Jürgen Braun 

Er ist der Profi mit dem längsten Vertrag bei den Grizzlys: Gerrit Fauser verlängerte jüngst bis 2023. Über das Bekenntnis des Stürmers zu Wolfsburg, die Ziele mit dem Eishockey-Erstligisten, den neuen Coach und das Team spricht er im Interview und verrät, dass er fast Eiskunstläufer geworden wäre.

Es spricht manches dafür, dass Sie in einigen Jahren dienstältester Grizzly sind...

Abwarten. Armin Wurm ist schon länger hier und ja noch eine Weile da. Ich glaube, ich kann sagen, dass er sich hier auch sehr wohlfühlt.

Vor Kurzem ist Ihre Familie um einen weiteren Jungen gewachsen, sie sind zu viert, welche Rolle hat ihre Frau Jenny beim langfristigen Vertrag gespielt?

So etwas geht natürlich die ganze Familie an. Zieht man um, gerade, wenn man sich so wohlfühlt wie wir? Das kann man nicht alleine entscheiden. Wir wollten das hier nicht aufgeben, identifizieren uns zu Hundert Prozent mit Wolfsburg und den Grizzlys.

Sie werden noch stärker in eine Führungsrolle kommen?

Das ist auch ein Aspekt, auch weil mir der Verein ja auch wichtig geworden ist in der langen Zeit. Dass von einem Spieler erwartet wird, der länger da ist, dass der in gewissen Sachen die Richtung vorgibt, ist klar. Und ich mache das gern.

Gefühlt war und ist bei vielen Grizzlys der Identifikationsgrad hoch. Ist das überall so?

Das ist schon eine Sache, die hier besonders ist, das wurde von besonderen Charakteren eingeführt. Als ich kam, waren das die Diesels und Milleys, das wurde dann von Tyler Haskins und anderen weitergeführt, das wollen wir am Leben erhalten. Als Eishockeyprofi spielt man in der Regel fern der Heimat. Wenn man sich eine zweite Familie aufbauen kann, so wie das hier ist, dann ist das etwas, wo man sich heimisch fühlt.

Ihre Eltern kennen sich im Eissport aus, welche Rolle spielen sie.

Eine große. Meine Mutter war eine erfolgreiche Eiskunstläuferin und später -Trainerin. Als Säugling schon habe ich manchmal den ganzen Tag am Eis verbracht. Bevor ich drei Jahre alt war, konnte ich Schlittschuh laufen. Ich hatte so meine Ecke, wo ich üben konnte, beim Eislauf sind ja nie viele gleichzeitig auf dem Eis. Und dann sieht man irgendwo die Eishockey-Jungs, das lockte mich mehr. Da hat meine Mama ein bisschen schlucken müssen, aber ich glaube, sie hat mich auch verstanden. Es hätte ihr vielleicht auch gefallen, wenn ich beim Eiskunstlauf geblieben wäre. Das haben dann zwei meiner drei Schwestern gemacht. Geht es um Eishockey, spreche ich viel mit meinem Stiefvater Franz Steer. Er hat jede Situation als Spieler oder Trainer erlebt. Als ich hierher konnte, hat er mir schwer ans Herz gelegt, das zu tun. Er hat für Preussen Berlin und die Eisbären gespielt, kennt Charly Fliegauf, Coach Pavel Gross war für ihn natürlich auch kein Unbekannter.

Saisonende im März – die Pause war lang wie selten...

Durch die WM war sie gar nicht so lang, durch die WM, aber auch zweigeteilt, fast eineinhalb Monate bis dahin. Ich hatte einen Sommer in zwei Etappen. Zum Glück gab es nach unserer Saison in Wolfsburg noch Eis, Felix Brückmann war noch hier, ein paar Feldspieler auch.

Die WM lief ganz gut?

Ich war froh und stolz, dass ich es dahin gepackt habe. Nach einer für uns so durchwachsenen Saison und einer Verletzung. Es wird schnell mal gesagt über einen Spieler, wenn er mit seinem Team eine schlechte Saison hatte, er sei nicht mehr derselbe. Die WM war für den Kopf wichtig. Dabei zu sein, hat mich motiviert, da das Letzte zu geben und mit in die Saison zu bringen.

Im DEB-Team sind Sie Mittelstürmer, bei den Grizzlys meist Außen, was sind Sie wirklich?

Beides. In Hannover hieß es, ,spiel Mittelstürmer’, weil sie einen brauchten. Am Anfang hat mich Pavel in Wolfsburg als Center gesehen. Eigentlich war ich schon immer eher Außenstürmer, habe aber auch immer Mittelstürmer gespielt, wenn Not am Mann war. An sich spiele ich lieber Außen, aber wenn wir es brauchen, spiele ich in der Mitte. Das war immer auch eine Stärke von mir. Wo man mich braucht, spiele ich.

Im Powerplay spielen Sie, da kann man Tore erzielen. In Unterzahl kriegt man viele Schüsse ab, viele tun weh. Unterzahl zu spielen – ist das dürfen oder müssen?

Für mich ganz klar dürfen, weil das sind spielentscheidende Situationen, das ist ein Darf, wenn man da auf dem Eis steht. Wenn man erfolgreich sein will, muss man an die Orte gehen, wo es wehtut, das ist unser Sport. Und dazu ist jeder bei uns bereit.

Zweimal in Folge hatten Sie keine Play-Offs...

Da fehlt einem was. 2018 war ich verletzt, 2019 sind wir gescheitert. Das Finale habe ich geguckt, vorher aber nicht alles, da ist einfach der Schmerz da, dieses Gefühl ’so ein Mist, es fehlten doch nur ein paar Siege!’ Aber ’Hätte, hätte, Fahrradkette...’ Es ist vorbei. Viele Verletzte, dazu die Trainersituation, es war schwer für die, die lange da waren. Es hat uns überfordert, vielleicht haben wir uns auch selbst überfordert, weil wir es unbedingt beweisen wollen. Ich glaube, ohne das Verletzungspech hätten wir die Play-Offs erreicht.

Wie ist Coach Pat Cortina?

Ich finde es gut bis jetzt, klare Linie, Struktur drin, er macht klare Vorgaben. Die Meetings sind gut. Er ist ein guter Redner. Im Training gibt es immer so Momente, wo die Motivation mal durchhängt, aber er schafft es, die Leute abzuholen.

Wo geht die Reise der Grizzlys diesmal hin?

Play-Offs sind immer das Ziel, wir wollen beweisen, dass es ein Ausrutscher war. Und wenn wir die Play-Offs erreichen, das war immer schon so, dann können wir eine Dynamik entwickeln zu einem Team, das man nur schwer schlägt.

Sie spielten in der Vorbereitung mit Mike Sislo und Garrett Festerling, zwei Neue. Ihr Eindruck?

Der Festi ist ein kleines Biest, ein brutal unangenehmer Gegenspieler mit enormer Qualität. Mike hat schon in der Vorbereitung gezeigt, wie torgefährlich er ist.

Ein Blick auf die Hauptrunde...

Ich glaube, in der Hauptrunde werden wir München und Mannheim marschieren sehen, aber dahinter kann man gar nichts sagen. Ich sehe keinen, wo ich sage ‚och ne‘, die sind dieses Jahr nix.

Furchner kann in Köln die 1000 voll machen

Hundert Prozent Wolfsburger Image 1
WOLFSBURG/KÖLN. Der Rekord rückt näher. Wenn nichts Außergewöhnliches passiert, wird Sebastian Furchner der sechste Spieler, der 1000 DEL-Einsätze erreicht. Und das voraussichtlich am fünften Spieltag (Freitag, 27. September) – ausgerechnet in der Partie bei den Kölner Haien. Die Haie sind neben Wolfsburg der einzige Klub, für den der gebürtige Kaufbeurer im Oberhaus spielte. Auch am Rhein war er beliebt, die zu erwartende Ehrung dürfte stimmungsvoll ausfallen. Aus Wolfsburg werden sich wahrscheinlich viele Anhänger nach Köln aufmachen, die Wittinger Brauerei will per Gewinnspiel auch einen Fanbus einsetzen. In der ewigen DEL-Liste liegt der Kölner Mirko Lüdemann mit 1199 Spielen wahrscheinlich uneinholbar vorn. Gefolgt von Daniel Kreutzer (1066), Niki Mondt (1060) und Patrick Köppchen. Auf Rang sechs rangiert mit Münchens Yannic Seidenberg (957) ein noch aktiver Akteur, der nächstbeste noch aktive Spieler ist Patrick Reimer (Nürnberg) mit 893 Einsätzen. Der nimmermüde Flügelstürmer Furchner erzielte übrigens nur in der ersten seiner inzwischen 17 DEL-Spielzeiten weniger als elf Tore!

Grizzlys mit hoher Internationalität

WOLFSBURG. Ganz klar, die DEL spricht auch in der neuen Saison Englisch, der Großteil (77,9 Prozent, so haben die Eishockeynews errechnet) der Importspieler stammt aus Kanada oder den USA. Doch es gibt auch Farbtupfer und nicht alle Klubs sind so einseitig aufgestellt wie München (zwei Nationen, sechs Kanadier, ein Amerikaner). Mannheim hat Akteure aus sechs Ländern und mehr Finnen (3) als Kanadier oder Amerikaner (je 2). Danach schon sehr international aufgestellt: Die Düsseldorfer EG (USA, Kanada, Dänemark, Lettland, Norwegen) und die Grizzlys Wolfsburg (3 Amerikaner, 2 Kanadier, 1 Franzose, 1 Norweger, 1 Schwede. Krasser Unterschied: Im Kader von Mannheim, Berlin, München und Nürnberg sind jeweils über 1000 Einsätze in der NHL versammelt. Den nächstbesten Wert hat Köln (499). Straubing, Wolfsburg, Krefeld und Bremerhaven kommen gemeinsam auf kaum 200. NHL-Erfahrung allein ist allerdings keine Garantie. Nürnberg etwa ist fast immer mit NHL-Erfahrung durchsetzt, wurde aber regelmäißig von den Grizzlys rasiert.

12
zurück zur Übersicht Sport/Vereinsleben