In 20 Jahren haben‘s 21 Talente geschafft

20 Jahre, 20 Geschichten: Die AZ/WAZ-Serie zum Bundesliga-Jubiläum des VfL (16) – Die Eigengewächse

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Einer steht über allen: Maxi Arnold kam mit 15 aus Dresden, wurde jüngster VfL-Bundesliga- Spieler und -Torschütze und das erste Wolfsburger Eigengewächs, das die 100-Spiele-Marke in der 1. Liga erreichte. Foto: Boris Baschin
Am Elsterweg und im Porschestadion sieht man sie jeden Tag, in großen Gruppen und das schon seit Jahren: Jugendfußballer des VfL, die alle ein Ziel haben: Bundesliga-Profi zu werden – am besten für Wolfsburg. 21 Kicker aus der eigenen Jugend haben es in 20-Bundesliga-Jahren beim VfL geschafft, aber nur die wenigsten von ihnen etablierten sich dauerhaft im Spitzen-Fußball. Zwei Eigengewächse schnupperten nur jeweils genau eine (!) Minute Luft in der höchsten deutschen Spielklasse, ein anderer hingegen schaffte sogar als bislang Einziger den Sprung in die deutsche A-Nationalmannschaft.

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Der Erste, der es in die Bundesliga schaffte: Jan Schanda absolvierte 1998/99 zwei Kurzeinsätze. 
Fotos: Boris Baschin/matthias Leitzke
Den Anfang machte Jan Schanda, der am 16. Oktober 1998 beim 1:1 in Kaiserslautern eingewechselt wurde und mit 21 Jahren zum ersten Mal 21 Minuten lang für die Profis spielen durfte. In der gleichen Saison durfte der Wolfsburger beim 2:0-Sieg in Bochum noch einmal kurz ran. Weitere Einsätze gab es für den heute 39-Jährigen in der 1. Liga nicht.



Ein Trio rückt in den Fokus

Die Ausflüge der Eigengewächse in die Bundesliga blieben zumeist kurzfristige Angelegenheiten. Der Australier Joshua Kennedy, der 2000 mit 17 Jahren zur A-Jugend des VfL kam, brachte es auf immerhin acht Einsätze (zwei Tore), der Durchbruch gelang ihm erst später in Dresden – und mit Australien nahm er an zwei Weltmeisterschaften teil.

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Der Erste, der traf: Ein Bundesliga-Tor von einem Wolfsburger Spieler, der schon in der Jugend für den VfL kickte – Joshua Kennedy gelingt es im September 2001 mit dem Treffer zum 3:3-Endstand im Spiel in Cottbus.
In Wolfsburg folgten ihm Talente wie Michael Habryka (vier Bundesliga-Einsätze) oder Stefan Lorenz (eine Bundesliga-Minute), ehe 2005 gleich drei Wolfsburger A-Jugend-Spieler bei den Profis mitmischten – und allen dreien wurde eine große Zukunft vorausgesagt: Cedrick Makiadi, Karsten Fischer und Christian Ritter. Der Ostfriese Fischer kam immerhin auf 20 (oft kurze) Einsätze für den VfL, mittlerweile ist er Spielertrainer in Northeim. Ritter brachte es auf eine Bundesliga- Minute und arbeitet heute als Koch. Mit Makiadi konnte sich einer aus dem Trio tatsächlich langfristig in der höchsten Spielklasse behaupten. Seine erste von insgesamt 48 Bundesliga- Partien für den VfL bestritt der Deutsch-Kongolese 2005 bei einer 0:1-Niederlage in Freiburg. Nachdem das Eigengewächs 2006 mit seinem Tor und seiner Vorlage am letzten Spieltag gegen Kaiserslautern zum VfL-Retter wurde, spielte der heute 33-Jährige anschließend auch noch für Duisburg, Freiburg und Bremen erstklassig, kam auf stolze 225 Bundesliga-Spiele und hängte 2015 noch ein Jahr in der Türkei dran. Ähnlich wie Makiadi wurde mit Christopher Lamprecht ein weiteres VfL-Eigengewächs zum Helden im Abstiegskampf. „Lampe“, der schon als C-Jugendlicher nach Wolfsburg gekommen war, sorgte am vorletzten Spieltag 2007 mit einem Tor und einer Vorlage für das rettende 2:2 in Aachen. Insgesamt spielte er 24 Mal für den VfL in Liga 1, heute arbeitet er in einem Personal-Dienstleistungsunternehmen in Kaiserslautern.

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VfL-Rettung 2006: Eigengewächs Cedrick Makiadi trifft gegen Kaiserslautern. Fotos (2): Boris Baschin
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VfL-Rettung 2007: Eigengewächs 
Christopher Lamprecht trifft in Aachen.
Unter der Regie von Trainer- Manager Felix Magath bekamen viele VfL-Eigengewächse ihre Chance in der 1. Liga. Der Velstover Sergej Karimov etwa wurde sogar zum Pokal-Helden, als er im Januar 2008 mit einem späten Tor und einem Treffer im Elfmeterschießen für den VfL-Achtelfinalerfolg gegen Schalke sorgte. Aber auch er kam nur auf fünf Erstliga-Spiele für Wolfsburg, sein erstes bei der 1:3-Niederlage gegen den VfB Stuttgart. Einen einzigen Einsatz bekam Daniel Reiche. 2008 setzte Magath den Innenverteidiger für 20 Minuten als Außenverteidiger im Spiel bei Hertha BSC ein – und danach nie wieder.

Arnold für Deutschland

Michael Schulze (zwei Einsätze) und Bjarne Thoelke (sechs) schafften dann 2011 in der zweiten Magath-Ära ebenso den Sprung aus der VfL-Jugend in die Bundesliga wie Sebastian Polter, der in seinem zweiten und in seinem dritten Bundesliga- Spiel jeweils den 1:0-Siegtreffer (gegen Stuttgart und Köln) erzielte. Unter Steve McClaren war zuvor Tolga Cigerci zum Bundesliga- Profi geworden – aber der Deutsch-Türke startete erst nach seinem Wechsel zu Hertha BSC richtig durch und spielt mittlerweile für Galatasaray.

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Pokalheld 2008: Eigengewächs Sergej Karimov trifft im Achtelfinale gegen Schalke. imago Kaletta/03443870
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Nationalspieler 2014: Maxi Arnold ist das erste VfL-Eigengewächs, das ein A-Länderspiel für Deutschland bestreitet. 
imago RevierFoto/16415779
Robin Knoche und Maxi Arnold legten dann die bisher größten Karrieren von VfL-Eigengewächsen in Wolfsburg hin. 2011 wurden sie zusammen A-Jugend- Meister, noch im selben Jahr gaben beide ihr Bundesliga-Debüt und haben sich als feste Größen im Kader etabliert. Während viele VfL-Talente in deutschen U-Nationalmannschaften spielten, schaffte Arnold als Einziger den Sprung in die A-Auswahl, wurde von Jogi Löw am 13. Mai 2014 beim 0:0 gegen Polen eingewechselt.

Nach Knoche und Arnold kamen mit Paul Seguin, Leandro Putaro, Hendrik Hansen, Jannes Horn und Justin Möbius fünf weitere Spieler aus der VfL-Jugend in Wolfsburg zu Bundesliga-Ehren. Und die nächste Generation wartet schon – unter anderem mit den U-19-Talenten Yari und Nick Otto sowie Gian-Luca und Davide Itter, die jeweils für eine Premiere ganz eigener Art sorgen könnten. Denn VfL-Zwillinge gab es in der Bundesliga noch nie.

Nächsten Mittwoch: Die Derbys

In dieser Woche vor 20 Jahren  


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Sah Rot in Meppen: VfLer Detlev
Dammeier. imago rust/09982383
in Wolfsburg herrscht Endspiel- Stimmung. Sechs Zweitliga- Spieltage vor Schluss kämpfen neben dem VfL fünf weitere Teams um Aufstiegsplatz drei – und gegen vier von ihnen müssen die Grün-Weißen im Saison- Endspurt noch ran.

Das erste Duell dieser Finalserie steigt beim siebtplatzierten SV Meppen. Seit dem Aufstieg 1992 traten die Wolfsburger viermal an der holländischen Grenze an, viermal gab es Niederlagen. Den Zusatz „Angst“ kann man im Zusammenhang mit diesem Gegner trotzdem getrost streichen. VfL-Mittelfeldspieler Holger Ballwanz angriffslustig: „Es wird höchste Zeit, dass wir da mal was holen!“

Zumal es ein schönes Präsent für Mitspieler Mathias Stammann wäre, der am Tag vor der Begegnung 29 Jahre alt wird. Sein Ehrentag sei allerdings kein besonderer Anlass, auf einen Erfolg zu hoffen, betont der Linksfuß, „Siege wünsche ich mir immer – auch wenn ich nicht Geburtstag habe...“

Dass die 2. Liga im Allgemeinen und der Aufstiegskampf im Speziellen aber keine Wunschkonzerte sind, zeigt sich am 9. Mai 1997. in der ersten Hälfte geht bei den Gästen offensiv wenig, nach der Pause sieht Detlev Dammeier nach grobem Foul an Meppens Marko Myyry („Er ist ein Ein-Meter-Fünfzig-Typ, da sieht so etwas gleich gefährlich aus“) die Rote Karte (63.).

Kurios: in Unterzahl steigert sich der VfL, kommt zu Konterchancen. „Erst mit zehn Mann wurde es interessant für uns“, so Trainer Willi Reimann. „Kämpferisch war das stark.“ Am Ende steht nach fünfminütiger Nachspielzeit samt einem stürmenden SVM-Keeper Stefan Hülswitt ein 0:0. Am Tabellenstand hat der erste Punktgewinn der Wolfsburger im Emsland wenig geändert: Auch das nächste Endspiel gegen die SpVgg Unterhaching bestreiten sie als Dritter.

„Identifikation ist in jedem Verein das Nonplusultra“

1999 wechselte er vom 1. FC Lok Stendal zum VfL und spielte in Wolfsburg für die C-, B- und A-Jugend. Am 29. Oktober 2005 feierte Christopher Lamprecht dann sein Debüt bei den Bundesliga-Profis und brachte es insgesamt auf 24 Erstliga-Einsätze für den VfL.

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Sie durften im Oktober 2005 als 20-Jähriger erstmals für den VfL in der Bundesliga auflaufen. Wie fühlt sich das als junger Spieler an?

Das ist der Moment, auf den du dein ganzes Leben lang hinarbeitest. Das war ein unglaublicher Augenblick für mich und gleichzeitig der Anfang vom Ziel.

Waren Sie in Ihrem ersten Spiel angespannt oder haben Sie es einfach nur genossen?

Am Anfang war ich schon ziemlich nervös, als ich von meiner Einwechslung erfahren habe. Aber das verfliegt, wenn du auf dem Platz stehst. Dann genießt man nur noch den Augenblick. Und mir hat es geholfen, dass ich vorher schon einige Male mit der Mannschaft trainiert hatte.

Haben Sie in Ihrer Jugendzeit erwartet, dass Sie den Sprung in die Bundesliga mal schaffen?

Das war natürlich immer mein großes Ziel. Ich war zwar nicht der beste Fußballer, aber ich war der Spieler, der es am meisten wollte. Ich habe dem Fußball alles untergeordnet.

Warum ist es für einen Bundesliga- Verein so wichtig, eigene, junge Talente bei den Profis zu integrieren?

Man merkt, dass der Fußball immer schneller und besser wird. Auf Taktik und Technik wird immer mehr Wert gelegt. Da kann es nur helfen, wenn die Spieler das von vornherein im eigenen Jugendinternat verinnerlicht bekommen. Allerdings dürfen die Spieler dabei auch nicht den Kampf, den Willen und die Einsatzbereitschaft verlieren.

Welche Rolle spielt die Identifikation in diesem Zusammenhang?

Die Identifikation ist in jedem Verein das Nonplusultra. Es pusht dich als junger Fußballer aber umso mehr, wenn du für deinen Klub auch in der 1. Liga auflaufen darfst – in dem Verein, in dem du das Fußballspielen gelernt hast. Und für den Spieler selbst ist es auch eine große Ehre, sich in der Bundesliga zeigen zu dürfen.

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